Ihr habt PollPool 2015 unmittelbar nach Abschluss Eures Studiums an der WHU gegründet. Wie kamt Ihr auf die Idee?
Während unseres letzten Semesters an der WHU hatten wir eine Fallstudie zu machen, und es war unglaublich schwer, Teilnehmer für die dafür notwendige Umfrage zu finden. Wir waren überrascht, wie viel Zeit, Einsatz und Geld (in Form von Gutscheinen) auch unsere Kommilitonen darauf verwendeten, die richtigen Umfrageteilnehmer zu finden – meist ohne großen Erfolg. Der ganze Prozess war absurd ineffizient.
Wir selbst wurden mit E-Mails von Studienkollegen bombardiert, die uns beknieten, an ihren Umfragen teilzunehmen. Es sah so aus, als wären wir bei Weitem nicht die einzigen Studierenden in Deutschland oder in anderen Ländern, die sich mit dem Problem herumschlugen. Unsere Überlegung war also, dass eine Vernetzung all dieser Leute für jeden Einzelnen Vorteile mit sich bringen würde. Er würde nicht nur Zugang zu ausreichenden Respondenten bekommen, sondern auch zu den vielen verschiedenen Fachbereichen der anderen Mitglieder des Netzwerks. Damit war die Idee von PollPool geboren.
Was genau ist PollPool, und wie funktioniert es?
Das Konzept von PollPool basiert auf einem einfachen Sharing-Economy-Prinzip: Unsere Nutzer veröffentlichen ihre Umfragen auf unserer Plattform und wählen ihre Zielgruppe aus. Damit ihre Fragebögen beantwortet werden, müssen die Nutzer selbst an Umfragen anderer Mitglieder des Netzwerks teilnehmen. Jede Umfrage wird von uns mit einem Preis in Form von „PollCoins“ ausgezeichnet – das ist unsere Währung, mit der wir die Forschungsprojekte nach ihrer Länge kategorisieren. Damit stellen wir sicher, dass unsere Mitglieder für die Zeit, die sie zum Ausfüllen fremder Fragebögen aufwenden, mit Respondenten für ihre eigenen Umfragen belohnt werden.
PollPool ist damit eine effiziente Lösung für eine der größten Herausforderungen, denen sich Studierende stellen müssen, wenn sie an ihrer Bachelor- oder Masterarbeit arbeiten: schnell und effizient ausreichend viele Teilnehmer für ihre Studien zu finden.
Wer sind nun Eure Kunden, und wie profitieren sie von PollPool?
PollPool ist eine kostenfreie Alternative zu den regulären Forschungspanels und richtet sich daher an Forscher, die bezüglich der Kosten keinen großen Spielraum haben. Die meisten unserer Nutzer sind Studierende, die an Fallstudien, Bachelor- oder Masterarbeiten arbeiten, Professoren und Doktoranden, die empirische Studien durchführen, und Startups, die quantitative Marktforschung betreiben wollen.
Was war im Zuge der Gründung von PollPool die größte Herausforderung?
Eine der wichtigsten Herausforderungen, der wir uns gleich am Anfang bei der Entwicklung von PollPool stellen mussten, war, unseren Kunden aufmerksam genug zuzuhören. Nach der Konzept- und Entwicklungsphase während unseres letzten Semesters an der WHU gingen wir mit einem Produkt online, das nicht in der Weise angenommen wurde, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir versuchten damals, in Konkurrenz mit etablierten Anbietern von Online-Umfragen zu treten, anstatt uns auf jene Nische zu konzentrieren, die wir für uns identifiziert hatten – Kunden, die Umfrageteilnehmer brauchten, dafür aber kein Geld ausgeben konnten. Entsprechend waren wir auch nicht erfolgreich. Das war nicht sehr erfreulich, und wir brauchten eine ganze Weile, bis wir verstanden hatten, dass wir unsere Dienstleistung neu ausrichten mussten. Erst nach einem Relaunch unserer Plattform und mit einem schlankeren und zielgerichteteren Angebot erlebten wir das starke Wachstum, das den Grundstein für unseren derzeitigen Erfolg bildet.
"Ganz allgemein ist das Spannendste daran, dass man eine Problemstellung findet, für die man einen eigenen Lösungsansatz entwickelt."
Was war für Euch besonders bereichernd, als Ihr PollPool aufgebaut habt?
Ein Startup zu gründen ist schon an sich eine bereichernde Sache. Aber natürlich waren der „erste“ Nutzer, der erste ausgefüllte Fragebogen und der erste Umsatz ganz besondere Meilensteile für uns. Nach der Phase des Markteintritts begannen wir, differenziertere Partnerschaften mit akademischen Institutionen und Forschungseinrichtungen einzugehen. Der gesamte Prozess, von der Kaltakquise über die Verhandlungen bis zum Vertragsabschluss für die eigene Firma, ist schon etwas sehr Besonderes und Prägendes.
Ganz allgemein ist das Spannendste daran, dass man eine Problemstellung findet, für die man einen eigenen Lösungsansatz entwickelt, und dass man dessen Scheitern oder auch dessen Erfolg dann in der Praxis hautnah miterlebt. Ob es dabei um ein Produkt, um ein technisches Design, um eine besonders nutzerfreundliche Gestaltung oder um eine Partnerschaft geht, ist im Grunde egal. Am Ende lernt man immer etwas dabei.
Inwiefern hat Euch Euer Studium an der WHU dabei geholfen, Eure erste Geschäftsidee von PollPool tatsächlich in die Realität umzusetzen?
Ein wesentliches Element der Ausbildung an der WHU ist, dass man lernt, jeden Bereich des Lebens mit einem unternehmerischen Auge zu betrachten. Wenn man drei Jahre in Vallendar lebt, gewöhnt man sich diese Sichtweise ganz automatisch an – zumindest teilweise. Die Kurse und die Case Studies waren natürlich wichtig, um sich die notwendigen Grundlagen und Kenntnisse anzueignen, aber das Leben am Campus und die Menschen dort waren ganz klar der wesentlichste Faktor.
"Ein wesentliches Element der Ausbildung an der WHU ist, dass man lernt, jeden Bereich des Lebens mit einem unternehmerischen Auge zu betrachten."
Mit oder ohne PollPool – was sind Eure Pläne für die Zukunft?
Derzeit befinden wir uns in einer spannenden Phase, in der wir uns vor allem darauf konzentrieren, starke Partnerschaften mit dem akademischen und mit dem privaten Marktforschungsbereich einzugehen. Wir arbeiten mit vielen unterschiedlichen Organisationen zusammen – von Forschungsinstituten und Beratungsfirmen bis hin zu Karriereportalen –, um unsere Nutzerschaft und auch unser Serviceangebot auszuweiten. Zudem wird für uns die internationale Expansion unseres Geschäfts zunehmend wichtiger. Auch wenn das Geschäft ursprünglich auf den deutschsprachigen Markt beschränkt war, wächst unsere internationale Nutzerschaft zurzeit besonders schnell, und wir wollen diese Expansion noch weiter vorantreiben.
Wenn Ihr Studenten, die selbst gründen wollen, drei Ratschläge geben solltet, welche wären das?
- Ihr müsst nicht unbedingt eine komplette Branche auf den Kopf stellen wollen. Manchmal sind die vielversprechendsten Ideen jene, die in einer speziellen Nische besonders stark sind. Ihr werdet nicht unbedingt das nächste Facebook gründen, aber mag sein, dass Euer Unternehmen mit der Zeit zu einem Champion in seinem eigenen, kleinen Bereich wird.
- Zieht alle Möglichkeiten der Finanzierung in Betracht und vergesst nicht, dass Fremdmittel immer einen Preis haben – Ihr gebt Eigenkapital ab und werdet plötzlich die Getriebenen Eurer Investoren.
- Es geht nicht in erster Linie um exponentielles Wachstum. Ein beständiges und organisches Wachstum kann Euch helfen, Euer Produkt, Eure Strategie und den Ruf Eures Unternehmens nachhaltiger zu entwickeln. Euer Unternehmen wird dann am Ende deutlich widerstandsfähiger sein.