War die schwache WM aus Ihrer Sicht ein Ausrutscher? Oder spiegelt sie eine negative Entwicklung im deutschen Fußball?
Das Ausscheiden in Russland war natürlich ein unerwarteter Rückschlag. Aber Fußball ist nun einmal ein von vielen Unwägbarkeiten abhängiger Sport. Siege und Titel sind nicht generalstabsmäßig planbar. Bei der WM kamen viele Störfaktoren zusammen, und natürlich wurden von den Beteiligten auch Fehler begangen. Trotzdem sollte jetzt nicht alles in Frage gestellt werden, was die Jahre zuvor sehr erfolgreich war. Es geht darum, sich dort zu erneuern, wo es strategisch sinnvoll ist. Die Führung der Nationalmannschaft hat mit dem „Grand Project 2024“ schon vor dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2014 begonnen, die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen. Mit der Neustrukturierung des Verbandes sowie dem Aufbau der DFB-Akademie sind bereits wichtige Weichenstellungen vorgenommen worden, die momentan aber nicht häufig Erwähnung finden.
Auch die Bundesliga-Clubs sind mit Ausnahme des FC Bayern in den internationalen Wettbewerben in den vergangenen Jahren nicht sonderlich weit gekommen. Führende Ligamanager schlagen deshalb Alarm. Wie steht es aus Ihrer Sicht um die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Fußballs?
Das jüngste sportliche Abschneiden gibt sicher zu denken, ist aber meiner Ansicht nach eine Momentaufnahme. In der Wirtschaftswelt können mehrere Unternehmen zeitgleich Weltspitze sein und sich feiern lassen. Fußball ist da ungleich brutaler: Nur eine Mannschaft kann die Champions League gewinnen, nur eine Mannschaft kann an der nationalen Spitze stehen. Kaum eine andere Branche ist so von Momentaufnahmen geprägt wie der Fußball. Schauen wir uns die Sieger in der Champions- und Europa League seit 2013 an: Von den zwölf Titeln gingen neun nach Spanien. Dass deshalb neben der deutschen auch die englische, französische oder italienische Liga im Vergleich zu den Spaniern nicht wettbewerbsfähig ist, liest man hierzulande trotzdem nicht. Die Bundesliga ist durchaus international wettbewerbsfähig. Dass es sportlich Luft nach oben gibt, ist zu Recht mehrfach angemerkt worden.
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