Zum siebten Mal jährte sich am 24. April der Einsturz der Textilfabrik in Bangladesch, bei dem über 1000 Menschen getötet und über 2000 verletzt wurden. Zum dritten Mal fand aus diesem Anlass in Düsseldorf die Fashion Revolution Week statt – und dies zum ersten Mal vollkommen digital.
Bis vor kurzem waren die Fußgängerzonen in Deutschland leer, die Geschäfte geschlossen, die Frühjahrskollektionen fanden bisher kaum Abnehmer. Leidtragende sind nicht nur die Textilhändler in Deutschland, sondern vor allem auch jene, die die Ware produzieren. In Bangladesch zeichnen leere Fabrikhallen nach wie vor den Alltag. 90 Prozent der 4.000 bis 6.000 Textilfabriken sind derzeit geschlossen, Exportbestellungen in Höhe von 3,13 Milliarden Euro wurden storniert. Dr. Gisela Burckhardt, CEO und Vorstandsvorsitzende von FEMNET, einer NGO, die sich für politisches Engagement und die Förderung von Frauenrechten einsetzt, geht davon aus, dass die Gehälter der Angestellten gekürzt wurden, auch wenn es keine offiziellen Bestätigungen gibt. Der Großteil der Betroffenen sind Frauen, im Mai werden Proteste und Aufstände erwartet. COVID-19 treibt die Textilindustrie in die Enge, gefährdet die Existenzgrundlage unzähliger Beschäftigter. Aber bereits vor der Krise stand die Ausbeutung der ärmeren Weltbevölkerung zugunsten einer privilegierten Konsumgesellschaft in der Kritik. FEMNET stellt fest: Nach der Tragödie vom 24. April 2013 wurden die Sicherheitsvorkehrungen in den Textilfabriken verschärft, an den Arbeitsbedingungen hat sich aber wenig geändert.
Fashion Revolution ist eine der Organisationen, die sich den Kampf für eine saubere, sichere, faire, transparente und rechenschaftspflichtige Modeindustrie auf die Fahne geschrieben haben. Die Vision einer Modewelt, welche die Umwelt bewahrt und wiederherstellt und den Menschen über Wachstum und Profit stellt, wird von zahlreichen Botschaftern um den gesamten Globus getragen. Dr. Monika Hauck, Leiterin des Entrepreneurship Centers der WHU – Otto Beisheim School of Management, ist Fashion-Revolution-Botschafterin für die Stadt Düsseldorf sowie für die WHU und übernahm Organisation und Moderation des Fashion Revolution Week-Events in Düsseldorf. Ihr Ziel ist klar: „Wir möchten ein Bewusstsein für die negativen Aspekte der Fast-Fashion-Industrie generieren und die Menschen ermutigen, in fair gehandelte Mode zu investieren. Gleichzeitig wollen wir auch Start-ups fördern, die an innovativen Lösungen arbeiten, um die Modeindustrie nachhaltiger zu gestalten.“
Über 300 registrierte Teilnehmer interessierten sich für die Vorträge verschiedener Vertreter der Mode-Industrie, welche aus ganz Deutschland sowie der Welt online zugeschaltet wurden. Im thematischen Fokus stand der Grund für das distanzierte Eventmodell: die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die globale sowie lokale Modeindustrie. So gewährte neben Dr. Gisela Burckhardt unter anderem Otang Andriko, Exekutivdirektor des TRADE UNION RIGHTS CENTER in Jakarta, Indonesien, Eindrücke über die Corona-bedingte Situation in den indonesischen Textilfabriken.
Im zweiten Teil der Veranstaltung rückte die lokale Perspektive in den Vordergrund. Der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel und seine Frau Dr. Vera Geisel eröffneten die Vorstellungsrunde ansässiger Modevertreter, darunter das Fair-Trade-Kleidungsgeschäft ROBERTA ORGANIC, die Designerin Stephanie Pothen, das von WHU-Alumni gegründete Start-up RETRACED und das Mainzer Start-up VINOKILO. Auch sie haben die Corona-Krise zu spüren bekommen und teilten ihre Geschichten sowie das ein oder andere Modestück der aktuellen Kollektion per Video mit den übrigen Teilnehmenden. Vorgestellt wurde auch die Change-Room.org-Plattform und die Foto- und Interviewserie #NAKEDGARMENTS, welche unter der Schirmherrschaft von Dr. Vera Geisel ein Zeichen gegen Fast Fashion und übermäßiges Konsumverhalten zu setzen versucht.
„Wir sind an dieser Veranstaltung sehr gewachsen, weil wir neue Möglichkeiten der Event-Organisation entdeckt haben“, so Dr. Monika Hauck. Für Online-Veranstaltungen sei es selbstverständlich einfacher, internationale Redner einzuladen, ebenso sei es umweltfreundlicher, somit also im Sinne des Fair-Fashion-Konzeptes. Was sie vor allem erfreue, sei der Gemeinschaftsgeist der Düsseldorfer Fair-Trade-Modeindustrie, welcher sich bereits im Vorhinein gezeigt hatte. „Viele Menschen sprachen über das Event, vor und nach der Veranstaltung. Alle haben zusammengearbeitet und versucht, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. In der aktuellen Zeit ist es besonders wichtig, ein Gemeinschaftsgefühl zu vermitteln.”
Mehr zu Fast Fashion: https://www.fashionrevolution.org/
Mehr zu #NAKEDGARMENTS: https://change-room.org/