Unternehmen und Einzelpersonen generieren neue Erfindungen, indem sie ihre Umgebung scannen und nach vorhandenen Wissenskomponenten suchen, um diese auf neue Weise zu rekombinieren. IT-Unternehmen kombinieren kontinuierlich Teile vorhandener Codes von Open-Source-Plattformen, um neue Softwareanwendungen zu entwickeln. Künstler beschäftigen sich mit dem Sampling und Remixen alter Songs, um neue zu generieren. Dieser Prozess, die so genannte Wissensrekombination, ist in zahlreichen Branchen weit verbreitet. Das Problem ist, dass die meisten Erfindungen, die aus der Rekombination von Wissen entstehen, eher schrittweise sind und dazu neigen, geringe Auswirkungen zu haben. Das wirft die Frage auf: Welche Art von Wissenskomponenten sollten Erfinder neu kombinieren, um wirkungsvolle technologische Erfindungen zu schaffen?
Die Ergebnisse einer neuen Studie zeigen, dass, wenn Wissenskomponenten über einen längeren Zeitraum (ca. >20 Jahre) ungenutzt geblieben sind, Erfinder immer noch einen erheblichen Wert aus der Rekombination in neue Erfindungen realisieren können. Die Autoren bezeichnen solche Komponenten als "ruhende Komponenten". Sie erklären, dass Komponenten oft ihrer Zeit voraus geschaffen werden und ihr Wert erst viel später realisiert werden kann, wenn andere komplementäre Assets entstanden sind. Basierend auf den Ergebnissen weisen die Autoren auf die Sammlung von altem Wissen in Unternehmen als potenzielle Schatzkammer hin. Sie betonen daher, wie wichtig es ist, den vorhandenen Wissensbestand regelmäßig zu "entstauben", so dass wertvolle ruhende Komponenten identifiziert und zu neuen Erfindungen zusammengefasst werden können.
Die Studie wurde von Prof. Dr. Dries Faems durchgeführt, der den Lehrstuhl für Entrepreneurship, Innovation and Technological Transformation an der WHU - Otto Beisheim School of Management innehat. Zusammen mit Holmer Kok (Stockholm School of Economics) und Pedro de Faria (University of Groningen) untersuchte er 21.117 Brennstoffzellen- und 3.674 Windenergiepatente aus den Jahren 1958 bis 2007. Das Team konzentrierte sich auf den "rekombinanten Rückstand" ("recombinant lag") der Wissenskomponenten, d.h. die Zeit, in der die Wissenskomponenten ungenutzt geblieben sind. Die Ergebnisse dieser Studie sind in der September-Ausgabe des Journal of Management veröffentlicht.
Kok, H., Faems, D., & de Faria, P. (2019). Dusting off the knowledge shelves: Recombinant lag and the technological value of inventions. Journal of Management, 45(7): 2807-2836.