Es ist eine gute Tradition, dass die Stiftung WHU das neue Jahr mit einem Dinner im Kreis von Förderern, Freunden, Fakultätsmitgliedern und Alumni beginnt. So fand auch 2019 das New Year’s Dinner auf Klostergut Besselich in Urbar statt. Am 22. Januar fanden sich mehr als 60 Gäste aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft hierzu im festlich dekorierten Saal des 1496 gestifteten ehemaligen Franziskanerinnenklosters ein.
Im Rahmen der Begrüßung durch Prof. Dr. Jürgen Weigand und Dr. Peter Kreutter wurde dabei der frühere Rektor und das langjährige Mitglied im Vorstandspräsidium der Stiftung WHU Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Klaus Brockhoff für sein Engagement geehrt. Im Anschluss gab Prof. Dr. Markus Rudolf, Rektor der WHU – Otto Beisheim School of Management, einen Überblick über die Entwicklung der Hochschule in den vergangenen zwölf Monaten sowie über die wichtigsten Ziele und Projekte für 2019 und darüber hinaus.
Ehrengast und Festrednerin des Abends war Prof. Dr. Dr. h. c. Barbara Stollberg-Rilinger. Sie ist Rektorin des Wissenschaftskollegs zu Berlin und eine der bekanntesten Historikerinnen für die Geschichte der frühen Neuzeit. Für ihre herausragenden Forschungen wurde sie unter anderem mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis der DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft, der Ehrendoktorwürde der École normale supérieure Lettres et sciences humaines in Lyon (Frankreich) sowie dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Dr. Toni Calabretti, Vorstandsvorsitzender der Stiftung WHU, betonte in seiner Laudatio auf den Ehrengast, dass Professorin Stollberg-Rilinger „durch kreative Neugier, die Bereitschaft bestehende Perspektiven aufzubrechen und in der wissenschaftlichen Arbeit etablierte Pfade zu verlassen, ihrer Disziplin einen neuartigen Blick auf die Weltgeschichte ermöglicht hat.“ Diese „gelebte Innovation“, so Calabretti, sei eine Tugend, die an der WHU sehr geschätzt werde und die man auch den Studierenden mit auf den Weg geben wolle.
In ihrer Dinner-Speech skizzierte Stollberg-Rilinger einleitend, dass ein Charakteristikum der Moderne beziehungsweise von modernen Gesellschaften ja gerade das Ziel von legitimen Entscheidungen auf rationaler Basis sei. Ihre Leitfrage für ihre nachfolgenden Ausführungen war dann, inwiefern es dennoch durchaus vernünftig sein kann, auf dieses rationale Abwägen zu verzichten und das Los entscheiden zu lassen. Sie argumentierte unter Rückgriff auf die Rolle von Losverfahren in der Geschichte eindrucksvoll, wie – unter bestimmten Rahmenbedingungen und Voraussetzungen – die Nutzung von Losverfahren Nutzen schaffen kann. Konkret nannte sie als praktische Anwendungsfälle unter anderem das Lösen von Pattsituationen, das Vorbeugen vor informellen Einflussnahmen oder das Fällen von Entscheidungen, die sonst für eine oder mehrere Parteien mit einem Gesichtsverlust einhergehen würden. Für viele Zuhörer neu war die Tatsache, dass Losentscheidungen auch in der Vergabe von Förderprojekten durch Wissenschafts- und Förderstiftungen eingesetzt werden. Die Motivation ist hier, eingefahrene Bahnen zu verlassen und auch riskanteren Projekten eine Chance einzuräumen, die nicht im Mainstream der Forschungsförderung liegen.
Mit ihrem fundierten, facettenreichen Vortrag regte Prof. Stollberg-Rilinger die Anwesenden zum Nachdenken über eigenes Entscheidungsverhalten an, wie die anschließenden angeregten Gespräche an den Tischen beim Abendessen zeigten.