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Als „erfolgreicher Psychopath“ durch die Krise

WHU-Forscher untersuchen den Erfolg dunkler Persönlichkeitsmerkmale.

Was haben Elon Musk, Donald Trump und Boris Johnson gemeinsam? Viele würden diese Frage mit einem Hinweis auf deren polarisierende Persönlichkeitsmerkmale beantworten, nicht selten durch entsprechende Tweets belegt. Musk, Trump und Johnson teilen nicht nur ihre exzentrische Ader, sondern auch ihren Erfolg: Es ist ihnen gelungen, Positionen zu erreichen, in denen sie den Lauf der Geschichte für viele ändern können.

Bislang haben Psychologen und Management-Forscher die Nachteile sogenannter „dunkler“ Persönlichkeitsmerkmale – Charakterzüge, die allgemein als negativ gesehen werden – wie Psychopathie und Narzissmus untersucht. Aber können Manager mit dunklen Persönlichkeitszügen auch Vorteile für ihre Organisationen bringen? In ihrer Studie untersuchen die Wissenschaftler Prof. Dr. Lutz Kaufmann und Dr. Stéphane Timmer vom Lehrstuhl für Internationales Management & Beschaffung I an der WHU - Otto Beisheim School of Management diese Frage speziell im Hinblick auf Manager, die die fragilen weltweiten Lieferketten von Unternehmen steuern. Charisma und Überzeugungskraft narzisstischer Manager führen dazu, dass sie leichter schwierige Reformen umsetzen können. Dies ist insbesondere der Fall, wenn es Probleme in der Lieferkette gibt, wie auch derzeit zum Beispiel durch Corona verursacht.

Kaufmann und Timmer, deren Studie unter anderem im wissenschaftlich renommierten Journal of Supply Chain Management und im Praktiker-Magazin Beschaffung aktuell veröffentlicht wurde, fassen zusammen: „Einkaufsleiter, die Eigenschaften des Typs ‘erfolgreiche Psychopathen‘ aufzeigen, also tendenziell impulsiv reagieren und ein unerwartetes Verhalten bestrafen wollen, können durch geschicktes Managen ihrer Emotionen und kurzfristiges Kooperieren mit dem Geschäftspartner eine taktisch günstigere Verhandlungsposition einnehmen.“ Als Beispiel nennen die Forscher den Fall, in dem ein Lieferant die Preise opportunistisch und unerwartet um 30 Prozent erhöhte. Der betroffene Einkaufsmanager – einer mit psychopatischen Zügen – wollte sich zuerst für diese Aktion revanchieren, überlegte sich dann aber, dass es strategisch cleverer sei, mit dem Lieferanten zu „kooperieren“. „Die entscheidende Stärke von Managern mit dunklen Persönlichkeitsmerkmalen ist, dass sie trotz wenig Empathie sehr berechnend sind und Menschen viel besser manipulieren können als ihre Kollegen ohne dunkle Züge“, erläutert Timmer.

Für die Praxis empfehlen die Experten, dass Einkaufsleiter und Manager bei der Personalauswahl auch dunkle Persönlichkeitsmerkmale durch Persönlichkeitstests und direkte Beurteilungen berücksichtigen sollten. Zudem können Verhaltenstrainings und Managerkurse in “behavioral code shifting” – der Fähigkeit, sich im Wissen um den eigenen Autopiloten ge­schickt an den jeweiligen Kontext anzupassen – entsprechend darin unterstützen, die Emotionen zu kanalisieren und sich annehmbare Verhaltensweisen anzueignen. Wenn Manager sich nicht nur ihres Charakters und damit ver­bundener Verhaltensmuster bewusst sind, sondern auch lernen, diese aktiv mit anderem Verhalten zu kombinieren, können sie beispielsweise Krisensituationen erfolgreicher meistern und deutlich bessere Unter­neh­mensergebnisse erzielen. In Ihrer Untersuchung analysierten Lutz Kaufmann und Stéphane Timmer ein Jahr lang in Asien die Strukturen und Entscheidungen von Einkaufs- und Betriebsleitern bei negativen Erfahrungen wie Streiks, Lieferanten-Problemen und Krisen.

Zum wissenschaftlichen Artikel:
Do managers’ dark personality traits help firms in coping with adverse supply chain events?
Stéphane Timmer, Lutz Kaufmann
Journal of Supply Chain Management 55 (4), 67-97

Zum Beitrag im Magazin Beschaffung aktuell:
Persönlichkeitsmerkmale im Einkauf
Beschaffung aktuell, 4/2020, Autorin: Sabine Ursel, Verlag: Konradin Mediengruppe, www.beschaffung-aktuell.de