WHU Allgemein

„Ein Wendepunkt der Wirtschaftsgeschichte“

Wie die Pandemie Private-Equity-Investitionen wandelt

Der Ausbruch von COVID-19 hat die Welt an die Fragilität unserer Volkswirtschaften und politischen Systeme erinnert. Die “Campus for Finance WHU Private Equity Conference 2021” der WHU – Otto Beisheim School of Managmeent, die am 11. und 12. März erstmals rein virtuell stattfand, richtete das Augenmerkt auf die pandemiebedingten strukturellen Veränderungen der Private-Equity-Branche. Unter dem Thema „Lessons Learned: Wie wird Private Equity von einer sich global verändernden Realität profitieren?“ teilten internationale Finanzexperten ihre Einschätzungen.

Hat COVID-19 der Private-Equity-Branche eine neue Dynamik verliehen?

Bereits während der ersten Diskussionsrunde der von Studierenden der WHU organisierten Konferenz wurde darüber debattiert, wie sich COVID-19 auf die Private-Equity-Branche ausgewirkt hat. Britta Lindhorst, die die europäische Investmentsparte von HQ Capital in Frankfurt leitet, sieht vor allem neu hinzugekommene Trends. So hätten Sektoren wie das Gesundheitswesen und die Haustierbranche im vergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen. Robert Schuchna, Partner bei Cevian Capital, stimmte Lindhorst zu, sieht jedoch auch eine Beschleunigung bereits bestehender Trends. So seien strukturelle Veränderungen wie Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung stärker in den Fokus gerückt. Bei letzterer bezog sich Schuchna auf den allgemeinen Energiemix sowie den Bereich E-Mobilität. Auch Carsten Kratz, der ebenfalls der Diskussionsrunde beiwohnte und für den Asset Manager Bridgepoint die DACH-Region verantwortet, sieht eine sich verändernde Branchendynamik. Die Krise habe gezeigt, wie nachhaltig Geschäftsmodelle sind, und notleidende Unternehmen weiter geschwächt. Auch staatliche Hilfen und Subventionen hätten dieser Dynamik nicht entgegenwirken können.

Wie wichtig sind ESG-Investments und ein Fokus auf Diversität?

Ein weiterer, wiederholt thematisierter Trendbereich waren nachhaltige Geldanlagen, kurz ESG-Investments. ESG-Investments berücksichtigen Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Markus Mentz, verantwortlich für das deutsche Private-Equity-Geschäft bei Oliver Wyman, ist davon überzeugt, dass ESG immer wichtiger werden wird. Mehr und mehr Investoren würden ihr Geld nachhaltig anlegen wollen, so sagt er. Besonders die Umweltkomponente sei dabei gut messbar, was sie zu einem zentralen Aspekt mache. Auch Christian Ollig von KKR thematisierte ESG-Investments in seinem Vortrag. Er geht davon aus, dass Unternehmen, die ESG verstehen, zukünftig höher gehandelt werden. Doch es gibt auch brancheninterne Veränderungen.

Wie Tobias Eichner, Partner im Münchener McKinsey Büro, beschrieb, durchlebt Private Equity einen Generationenwechsel. Das weltweite Durchschnittsalter von Top-Führungskräften in großen PE-Firmen sei in den letzten zehn Jahren um 14 Prozent auf 48 Jahre gefallen. Gleichzeitig sei der Anteil an Frauen von 10 Prozent auf 20 Prozent gestiegen. Britta Lindhorst, die die Thematik bereits in der Diskussionsrunde des Vortages aufgegriffen hatte, sieht die Firmen in der Verantwortung. Um die Geschlechterungleichheit zu bekämpfen, müsse Private Equity für weibliche Talente attraktiver werden. Die Branche müsse sich viel besser verkaufen, sich auf Konferenzen wie dieser mit Studentinnen austauschen und den Fokus auf Chancengleichheit legen.

Wie sieht die Zukunft von Private Equity aus?

Durch die COVID-19 Pandemie, andauernde Handelskriege und fundamentale, industrieübergreifende Veränderungen, so glaubt Markus Mentz, stehe ein Umbruch bevor: „Wir befinden uns an einem Wendepunkt in der Wirtschaftsgeschichte.“ Karel Dörner, Senior Partner von McKinsey Digital Deutschland, wurde noch konkreter: Er geht davon aus, dass Cloud-Anwendung und maschinelles Lernen sich erst in frühen Stadien befinden und weiterhin an Bedeutung gewinnen werden. Die bahnbrechendsten Veränderungen werden seiner These nach jedoch vom Quantencomputing ausgehen. Letztlich, so empfiehlt Dörner, solle die Branche jedoch auch Augmented und Virtual Reality nicht aus den Augen verlieren. Häufig hätten genau jene Innovationen, die bisher überbewertet worden sind, das größte Zukunftspotential.