Sie sind meist jung, gut ausgebildet und mutig. Sie packen Probleme, die sie sehen, an und wollen sie lösen. Ihre Motivation ist nicht der eigene Profit, sondern der Nutzen für die Gesellschaft. Ohne sie, ihren Weitblick, ihre Flexibilität, ihre Offenheit für technologische Hilfsmittel und ihr Engagement würden eine Fülle sozialer Initiativen nicht auf den Weg gebracht und viele Probleme blieben ungelöst. Sozialunternehmerinnen und -unternehmer sind von enormer Bedeutung für die Bewältigung der Herausforderungen unserer Gesellschaft.
Zur Finanzierung der Projekte greifen viele der „sozialen Entrepreneure“ auf sogenanntes Crowdfunding zurück, bei dem viele Menschen unkompliziert und unbürokratisch über Online-Plattformen an einzelne Projekte spenden und sich beteiligen können. Laut dem Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) des Social Entrepreneurship Netzwerks Deutschland e.V. (SEND) nutzt bereits mehr als jedes siebte Sozialunternehmen Crowdfunding als Hauptfinanzierungsquelle. Gerade in Krisenzeiten hat sich diese Art der Finanzierung bewährt, weil sie ein schnelles und bedarfsgerechtes Reagieren ermöglicht. Leider sind laut DSEM die Bedingungen für Crowdfunding in Deutschland nicht optimal, und viel unternehmerisches Potenzial der sozialen Entrepreneure bleibt für die Gesellschaft ungenutzt.
Das Fraunhofer Institut für internationales Management und Wissensökonomie (IMW) hat nun gemeinsam mit SEND, der WHU – Otto Beisheim School of Management und der Crowdfunding-Plattform Start Next ein Potenzialpapier veröffentlicht, das drei konkrete Handlungsempfehlungen an die neue Bundesregierung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für soziales Crowdfunding formuliert. Kern dieser Empfehlungen sind
- eine Verknüpfung von Gründerdarlehen und Crowdfunding,
- ein Erlass der Umsatzsteuer für erfolgreiche Crowdfunding-Projekte sowie
- die Schaffung und Stärkung von Innovationsfonds für soziale Projekte.
Verknüpfung von Gründerdarlehen und Crowdfunding
Der Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne ist ein ausgezeichneter Indikator für die Marktfähigkeit eines Projekts. In den aktuellen Förderprogrammen wird dieser Indikator jedoch nicht berücksichtigt, in manchen Fällen verhindert erfolgreiches Crowdfunding in der Anfangsphase sogar eine spätere Förderung. Die Autoren empfehlen daher u.a. eine Wertung des Crowdfundings als Markttest und eine entsprechende Berücksichtigung bei der Gewährung von Gründerdarlehen.
Erlass der Umsatzsteuer für erfolgreiche Crowdfunding-Projekte
Während die Fördergelder von regulären Gründerfonds, KfW oder INVEST von der Umsatzsteuer ausgenommen sind, müssen Bürgerinnen und Bürger, die sich über Crowdfunding für soziale Projekte engagieren, auch noch Umsatzsteuer dafür bezahlen, weil Crowdfunding steuerlich wie ein Online-Einkauf gewertet wird. Die Empfehlung des Potenzialpapiers ist, die eingesammelten Gelder von der Umsatzsteuer auszunehmen und durch eine entsprechende Bezuschussung Crowdfunding mit anderen Finanzierungen von Innovations- und Gründungsprojekten gleichzustellen.
Schaffung und Stärkung von Innovationsfonds für soziale Projekte
Damit gesellschaftliche Herausforderungen besser gemeinsam bewältigt werden können, fordert das Potenzialpapier einen rechtlichen Rahmen und weniger Komplexität für die Kombination von öffentlichen Förderungen mit Finanzierungen aus privaten Quellen wie dem Crowdfunding in speziellen Innovationsfonds. Zur Qualifizierung der Projekte schlägt das Papier vor, dass diese einen Beitrag zur Erreichung von mindestens einem der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen leisten müssen, und dann auch von Sozialunternehmen genutzt werden können, die nicht gemeinnützig sind.
„Die Anpassung der Rahmenbedingungen zur Finanzierung von Unternehmen mit klarem Fokus auf gesellschaftliche Mehrwerte ist ein entscheidender Faktor, um sowohl das Gründungspotenzial in Deutschland besser auszuschöpfen als auch die gesellschaftlichen Herausforderungen unternehmerisch anzugehen“ unterstreicht Prof. Dr. Christina Günther die Kernbotschaft des Papiers. Sie ist Inhaberin des IHK-Lehrstuhls für kleine und mittlere Unternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management und Co-Autorin des Potenzialpapiers.
Zum Download des Potenzialpapiers „Impact Crowdfunding: Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Förderung von wirkungsorientierten Sozialunternehmen“