Als Prof. Dr. Markus Rudolf, Inhaber des Allianz Stiftungslehrstuhls für Finanzwirtschaft an der WHU – Otto Beisheim School of Management, die jüngsten Ausgaben des World Happiness Reports der Vereinten Nationen und des Democracy Index der Wochenzeitung The Economist las, fiel ihm etwas auf: Die glücklichsten Gesellschaften der Welt, so die Ergebnisse der Analysen, leben in der Regel in sogenannten „vollständigen Demokratien“. Bei seinem Vortrag auf dem WHU-Campus im Rahmen der Koblenzer Wochen der Demokratie analysierte der Statistiker Prof. Dr. Markus Rudolf die versteckten Parallelen, die er zwischen gesellschaftlicher Zufriedenheit und solchen Faktoren wie Einkommen, Arbeitszeit bis hin zu persönlichen Freiheiten entdeckt hatte. Doch wie genau kommt es dazu, dass Menschen in manchen Ländern glücklicher sind solche in anderen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Glück, Wohlbefinden und Demokratie?
Die Ergebnisse, die Rudolf dem Publikum präsentierte, waren teilweise überraschend: Protestantische Gesellschaften sind zum Beispiel im Allgemeinen glücklicher als andere. Und obwohl Geld einen Einfluss auf unser Glück haben kann, hat es dies nur bis zu einem gewissen Grad – nämlich bis zu einem Jahresgehalt von etwa 80.000 €. So ist beispielsweise Luxemburg, gemessen am BIP pro Kopf, eine der reichsten Nationen der Welt und gilt dennoch nicht als das absolut glücklichste Land.
Die stärkste Korrelation jedoch, auf die Rudolf in seinem Vortrag einging, besteht zwischen dem Faktor Demokratie und Glück. Vollständig demokratische Gesellschaften, wie solche in Finnland, Deutschland oder Neuseeland, sind im Allgemeinen glücklicher als solche, die dieses Privileg nicht genießen. Die unglücklichsten hingegen sind oft diejenigen, die in Bezug auf Demokratie eine eher wechselhafte Geschichte haben.
In Anbetracht der jüngsten politischen Geschehnisse wie dem Brexit, der COVID-19-Pandemie und dem Angriff Russlands auf die Ukraine traf Prof. Dr. Markus Rudolf mit seinem Vortrag den Nerv der Zeit. In der Ukraine (ein sogenanntes „Hybridregime“) beispielsweise ist trotz der Zerstörung und des Aufruhrs das Glücksniveau gestiegen – möglicherweise aufgrund eines stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühls der Gesellschaft.
„Uns in Deutschland geht es hier gar nicht so schlecht“, sagte Rudolf. Die Bundesrepublik rangiert sowohl im World Happiness Report als auch im Democracy Index unter den Top 20. „Die bürgerlichen Freiheiten sind hier ziemlich stark [...], aber das politische Umfeld ist schwach.“ Rudolf mahnte dementsprechend zur Achtsamkeit: „Demokratien werden nicht über Nacht autokratisch.“ Stattdessen zerfielen sie im Laufe der Zeit, wenn man sich nicht um sie kümmere.
Die Zuhörer verließen den Vortrag mit der Erkenntnis, dass Demokratie etwas Schätzen- und Schützenswertes ist – denn frei zu sein bedeutet, glücklich zu sein, und glücklich zu sein bedeutet, frei zu sein.