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26.10.2022

Fünf Fragen an AENU

Wagniskapital-Fonds von WHU-Gründer investiert in die Welt von morgen

Erst vor gut zwei Monaten wurde der Wagniskapitalgeber AENU ins Leben gerufen, welcher in Start-ups investiert, die Technologien für den Klimaschutz entwickeln oder ausbauen und/oder durch Bildung die Lebensqualität von Menschen verbessern. Das Akronym steht dabei für „Aenu era of impact venture capitalism“ und geht aus dem Family Office „Pirate Impact“ hervor. Gegründet wurde AENU von den Brüdern Ferry (BSc 2009) und Fabian Heilemann. Beide vereint die gemeinsame Vision, dass neue Technologien den Klimaschutz entscheidend voranbringen und dass moderne Geschäftsmodelle nachhaltig einen positiven Effekt auf die Gesellschaft haben können.

1. Mit eurem Wagniskapital-Fonds AENU investiert ihr ausschließlich in aufstrebende Firmen oder Neugründungen, die auf Nachhaltigkeit und Impact setzen. Dabei steht Gewinnmaximierung nicht in erster Linie im Fokus. Wieso ist euch Nachhaltigkeit so wichtig und in welchen Bereichen liegen eure Investitionsschwerpunkte?

Ferry Heilemann: Ich habe schon 2015 begonnen, mich intensiv mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen und schnell gemerkt, dass die Klimakrise die größte Herausforderung ist, der sich die Menschheit jemals stellen musste. Und im Gegensatz zu einigen anderen menschengemachten oder sozialen Problemen ist der Klimawandel unumkehrbar, sobald verschiedene Grenzwerte überschritten sind. Nachdem mir das bewusst wurde, begann ich zu handeln, und baute die Reichweite meines Handelns mit der Zeit aus. Zuerst arbeitete ich an meinem eigenen ökologischen Fußabdruck, der nun deutlich kleiner ist als der eines durchschnittlichen Deutschen. Vor der Coronapandemie habe ich meine Kohlenstoffemissionen um sieben bis acht Tonnen pro Jahr verringert. Meine Reise ging aber bald über mein persönliches Umfeld hinaus. Das bedeutete auch, Forto, das Start-up, das ich 2016 mitgegründet und bis 2020 als CEO geleitet habe, klimaneutral aufzustellen, und dabei vom ersten Tag an den Fokus auf Nachhaltigkeit zu legen. Zusätzlich habe ich die „Leaders for Climate Action“ mitgegründet, Europas größte Klimaschutzgemeinschaft für Unternehmen. Schließlich habe ich Forto als CEO verlassen, um all meine Zeit, Energie und Ressourcen in den Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zu investieren. Dieses Anliegen verfolge ich durch die Unterstützung des Wandels vom finanziellen Kapitalismus hin zum „Impact Kapitalismus“ durch unseren Fonds AENU. Dieser konzentriert sich auf Investments in junge Unternehmen in Europa, die in den Bereichen Klimatechnologie und soziale Auswirkungen aktiv sind.

Mein Bruder Fabian Heilemann und ich sind überzeugt, dass jede Maßnahme zum Klimaschutz Teil einer größeren politischen Agenda sein wird und in einen wirtschaftlichen Rahmen eingebettet sein muss. Der Finanzkapitalismus, wie wir ihn kennen, hat das nie getan, da er um jeden Preis auf die Optimierung einer einzigen Kennzahl ausgerichtet ist: den kurzfristigen finanziellen Gewinn. Als "Betriebssystem" unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft hat er endgültig ausgedient. Wir sind angetreten, um eine neue („a new“ oder „AENU“) Ära des Impact-Venture-Kapitalismus zu begründen, welcher auch die Folgen seines Handelns berücksichtigt. AENU hat derzeit fünf Investitionsschwerpunkte: Energiewende, Bindung von Kohlenstoff, Lebensmittel- und Agrartechnologie, Gebäude und Bildung.

2. Wie sieht eure Methodik für Investments aus und welche Kriterien müssen Unternehmen erfüllen, um dafür in Frage zu kommen?

Wir investieren hauptsächlich in Unternehmen, die Technologien entwickeln, die das Potenzial haben, entweder 100 Megatonnen CO2 zu vermeiden oder zu entfernen oder die das Wohlergehen von mindestens zehn Millionen Menschen verbessern. Unsere sekundären KPIs zielen auf Technologien für biologische Vielfalt ab, die dazu beitragen, unsere wertvollsten natürlichen und biologischen Ressourcen wie Wasser und Boden wiederherzustellen oder zu erhalten.

3. „Nachhaltigkeit“ ist in der Unternehmenswelt mittlerweile ein recht schillernder Begriff und praktisch aus keinem Unternehmensprofil mehr wegzudenken. Wie stellt ihr sicher, in Unternehmen zu investieren, die kein „Greenwashing“ betreiben?

Wir haben strenge Auswahlkriterien. Zunächst einmal arbeiten wir nur mit Unternehmern zusammen, die sich unserer Zukunftsvision anschließen und dringende globale Klima- und Gesellschaftsprobleme mit Hilfe von Technologien angehen. Wir bewerten Start-ups auf der Grundlage von sechs Wirkungsrichtlinien. Diese erste Überprüfung hilft uns dabei, einzuordnen, ob eine Technologie ein Problem an der Wurzel packt, ob das Geschäftsmodell im Kern eine Wirkung entfaltet und ob die potenzielle Wirkung unsere Investitionsschwellen erreicht. Die sechs Wirkungsrichtlinien sind: Absicht, Wirkungslogik, Verflechtung, Tiefe und Breite, Zusätzlichkeit der Technologie in Abgrenzung zu bereits bestehenden Technologien und Wirkungsmessung. Weitere Informationen zu diesen Leitlinien stellt unser Impact Framework bereit.

4. AENU ging erst vor Kurzem aus Pirate Impact hervor. Mittlerweile verwaltet ihr ein Investitionsvermögen von 100 Millionen Euro, das aber im Laufe der Zeit noch zunehmen soll. Wie verlief der Launch von AENU und wo möchtet ihr damit in Zukunft noch hin?

Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung, die wir für den Launch erhalten haben. Er wurde von der Presse gut aufgenommen und wir bemerken eine Steigerung der geschäftlichen Aktivität bei AENU. Es gibt auch zahlreiche Nachfragen nach unserem Evergreen-Impact-Fund-Modell, also einem Fonds, der keine bestimmte Laufzeit hat und auf die Wirksamkeit von Technologien setzt. Der Fonds wurde zum Start direkt überzeichnet. Zu unseren Investoren zählten bislang nur Familienmitglieder und Freunde, die dazu auch extra von uns eingeladen wurden. Darunter befinden sich E.R. Capital, Limited Partner (LP) und Einhorn-CEOs wie Lawrence Leuschner (TIER), Michael Wax (Forto) und Niklas Zenstrom (Skype/Atomico), sowie eine Reihe deutscher Family Offices. Über die nächsten Quartale verteilt, werden wir den Fonds auch sukzessive für den breiten Markt öffnen. Jetzt ist die richtige Zeit, Impact Investing auf das nächste Level zu heben. Mit AENU möchten wir den Wandel anführen und das ganze Wagniskapital-Ökosystem dazu einladen, daran mitzuwirken. 

5. AENU ist aber mehr als ein Wagniskapital-Fonds, euer Team verbindet auch eine gemeinsame Zukunftsvision für den Planeten Erde. Wie sieht diese idealerweise in einigen Jahren aus?

Unsere Gesellschaft muss aktiv an der neuen Ausgestaltung des Kapitalismus mitwirken. Wir träumen von einer Welt, in der Gewinne und Impact sich nicht widersprechen, sondern einander bedingen – eine Welt, in der sämtliche externen Kosten auch angemessen eingepreist werden. Aber es reicht nicht, das Wagniskapital-Rahmenwerk auf soziale oder ökologische Herausforderungen anzuwenden. Wir stellen uns ein Wirtschaftssystem vor, das das ökologische und soziale Wohlergehen auf der Grundlage gerechter und umfassender Verteilung der natürlichen und menschlichen Ressourcen fördert. Impact-Start-ups und Impact-Investoren werden ein integraler Bestandteil dessen in den kommenden Jahren sein. Im vergangenen Jahr wurde die Rekordsumme von 39 Milliarden Euro an Wagniskapital in Impact-Start-ups investiert. Trotz des wirtschaftlichen Abschwungs insgesamt, blieben die Investments in Klimatechnologien bis heute recht stabil. Und bald wird es für sie wieder aufwärts gehen.

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