WHU
20.09.2023

Fünf Fragen an Velsa

WHU-Start-up bringt junge Unternehmen mit passender Rechtsberatung zusammen

Das Unternehmen Velsa wurde Mitte 2022 von Leon Wisskirchen (BSc 2019 und ehemaliger Leiter des operativen Geschäfts bei SumUp USA) und dem Juristen Konstantin Häfner (ehemaliger Rechtsberater der Online-Bank N26) gegründet. Das Tech-Start-up für das Rechtswesen entwickelt ein digitales Beratungsangebot: Mit der automatisierten Erstellung rechtlicher Strategiepläne für Geschäftsmodelle und Produktideen gewährt Velsa einen Überblick über rechtliche Meilensteine, Kosten und Zeitrahmen und sammelt so die notwendigen Daten für die Suche nach einem passenden Anwalt.

1. Mit Velsa möchtet Ihr den Rechtsmarkt und die Rechtsberatung für Start-ups neu denken. Wie stellt Ihr Euch das vor?

Leon Wisskirchen (LW): Die Anzahl von jungen Unternehmen, die in stark regulierten Bereichen operieren, wie z. B. im Finanz-, Gesundheits- oder Medizinwesen, ist in den letzten Jahren explodiert. Diese Unternehmen brauchen neben Wagniskapital vor allem Hilfe bei regulatorischen Fragen. Das Problem: Teams müssen viel Zeit und eine gehörige Portion Glück mitbringen, um an die richtigen Berater zu geraten. Wir wollen das ändern. Wir bieten Gründerinnen und Gründern einen “Anwalt” für die Hosentasche und schaffen so in Sekunden Klarheit über die rechtlichen Implikationen eines Geschäftsmodells oder eines neuen Produktes. Mithilfe der dabei gesammelten Daten verbindet unsere Software dann den Kunden mit dem passenden Anwalt. Wir ermöglichen also eine datengestützte Beratersuche in Abgrenzung zum derzeitigen “wer kennt wen?”. 

2. Einer der bekanntesten Online-Marktplätze für Rechtsberatungen, Advocado, hat im Juli Insolvenz angemeldet. Was wird Velsa anders machen?

LW: Advocado richtet sich primär an die Endkundinnen und Endkunden. Dies führt aber aus wirtschaftlicher Sicht zu Schwierigkeiten, da die Werte der erzeugten Warenkörbe zu gering sind. Aus “was tun, ich hatte einen Autounfall?” lässt sich nur schwer ein Geschäftsmodell ableiten. Wir richten uns hingegen direkt an Unternehmen und nehmen komplexe rechtliche Fragen in den Fokus, die einem Start-up – in abgewandelter Form – immer wieder begegnen. Das schafft kontinuierliche und höhere Umsätze und verspricht dadurch eine deutlich höhere Wirtschaftlichkeit. Zusätzlich bietet Velsa Start-ups im Vergleich zu den “Old-industry”-Marktplätzen noch einen weiteren wesentlichen Vorteil: Unsere Software versteht erst das rechtliche Problem, z. B. welche Lizenz für das Geschäftsmodell benötigt wird, und gewährt dann – basierend auf diesen Daten – individualisierten Zugang zu einem Top-Berater.

Ohne die notwendigen Daten auf die Suche nach einem Anwalt zu gehen, ist wie das Segeln ohne Kompass: Entweder man kommt zur falschen Insel oder man geht unter.

3. Ihr habt Euch beide im Accelerator-Programm „Entrepreneur First“ kennengelernt. Wie genau habt ihr dabei zusammengefunden und warum seid Ihr ein passendes Gründerteam?

LW: Ich wollte unbedingt jemanden finden, der ein ergänzendes Profil an Fähigkeiten mitbringt und sich zu 100 Prozent einer neuen Idee widmet. Dabei bin ich über ein paar Umwege auf den Talent-Investor Entrepreneur First in Berlin gestoßen. Dieser vernetzt potenzielle Gründer-Talente und unterstützt sie bei der Start-up-Gründung. Eine Kohorte mit 50 potenziellen “CEOs” und “CTOs”, ein dreimonatiges Gründungs-Programm und die Chance auf ein Pre-Seed Investment – das hörte sich spannend an.

Investoren stellen sich meistens drei Fragen: Warum ihr, warum jetzt und warum in dieser Größenordnung. Konstantin und ich kennen die Herausforderung, stark regulierte Unternehmen zu skalieren und diese dabei zu beraten. Konstantin als ehemaliger Anwalt bei N26 und ich als ehemaliger Leiter des operativen Geschäfts bei SumUp USA. Klassische Themen in Deutschland sind hier z. B. die Anforderungen der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), die nicht immer auf moderne und digitale Geschäftsmodelle ausgelegt sind. Oft zieht man erst durch Erfahrungen “am eigenen Leib” die nicht offensichtlichen Erkenntnisse, um das Problem zu identifizieren, eine Lösung auszuarbeiten und so einen Mehrwert für den Kunden schaffen zu können.

4. Viele Studierende und Alumni der WHU möchten gerne gründen. Welche Tipps habt Ihr für sie, um den passenden Co-Founder zu finden?

Konstantin Häfner (KH): Auch für mich hatte Priorität, einen Menschen mit komplementären Talenten und einem anderen Hintergrund zu finden. Das macht es deutlich wahrscheinlicher, gemeinsam ein innovatives Geschäftsmodell zu entwickeln. Bei Leon ist das z. B. sein ausgeprägtes Verständnis für operative Teams und Systeme in FinTechs. Ich hingegen bringe das rechtliche Know-How mit, das erforderlich ist, um unser Produkt zu bauen.

Der Grundstein einer erfolgreichen Gründerbeziehung wird aber an anderer Stelle gelegt: bei den gemeinsamen Werten. So unterschiedlich die Fähigkeiten und Erfahrungen sein sollten, so einig muss man sich über das gemeinsame Wertefundament sein. Bei uns sind das beispielsweise Toleranz, Vertrauen und Zuverlässigkeit, aber auch über unsere intrinsische Motivation, unsere Ziele und unsere Grenzen haben wir ausgiebig gesprochen. Zwar sind auch dort Unterschiede kein unüberwindliches Hindernis, sie müssen aber rechtzeitig und offen kommuniziert werden.

LW: Das Gleiche gilt auch beim Rekrutieren. Ein häufiger Fehler ist es, fachliche Qualifikationen über den Cultural Fit zu stellen. Aber wir denken auch, dass man Fähigkeiten erlernen kann, Werte nicht. Am einfachsten findet man den Cultural Fit über die Interaktion mit Dritten heraus. Wie behandelt eine Person ihre Freunde? Wie denkt die Person über andere Menschen nach? Wirkt sie dabei rücksichtsvoll? Ist sie respektvoll gegenüber anderen?

5. Wie findet man bei oder nach der Gründung heraus, ob das Team wirklich erfolgversprechend ist?

KH: Der wichtigste Indikator dafür, ob ein Team Erfolg haben kann, ist seine Produktivität. Wie kann man das messen? Gute Teams können vom ersten Tag an etwas entwickeln, bauen und verkaufen. Schlechte Teams suchen nach Ausreden, warum das nicht klappt.

Jeder im Gründerteam muss das Gefühl haben, dass die eigene Produktivität durch die Zusammenarbeit mit den Mitgründern erheblich gestiegen ist, sei es in Form besserer Entscheidungen, schnellerem Coden oder leichterer Kundenakquise. Ist das Team zusammen produktiver als die Summe seiner Einzelpersonen? Wenn das nicht der Fall ist, sind die Opportunitätskosten dieser Partnerschaft vermutlich zu hoch und man sollte sich anderweitig umschauen.

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