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Steuerpolitik als Stellschraube

Professor Dr. Martin Jacob analysiert, welche Instrumente Unternehmen durch die Krise helfen können.

Um den ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise rechtzeitig Herr werden zu können, haben Bund und Länder schon Mitte März ein 750 Milliarden Euro schweres Hilfspaket geschnürt. Eine richtige und notwendige Maßnahme, um dem Sterben von Betrieben und damit einhergehender Massenarbeitslosigkeit vorzubeugen, findet auch Prof. Dr. Martin Jacob vom adidas Lehrstuhl für Finanzen, Rechnungswesen und Steuerlehre an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Er hat sich dem Thema aus steuerlicher Perspektive genähert und in der neuen WHU Online-Kurs-Reihe analysiert, welche Stellschrauben dem Fiskus noch zur Entlastung der Unternehmen zur Verfügung stehen, um sie bei der Erholung zu unterstützen.

Bei seinen Untersuchungen konzentrierte sich Prof. Dr. Martin Jacob unter dem Titel „Tax policy after the corona crisis“ vor allem auf drei Arten von Steuern, deren Senkung die Unternehmen in der aktuellen Lage entlasten könnten: die Unternehmenssteuern, die Mehrwertsteuer und die Kapitalertragssteuer. Viele, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, stehen derzeit vor einem Liquiditätsproblem. Dabei liegt es zunächst auf der Hand, dass geringere Unternehmenssteuern ihnen helfen würde, ihre Rechnungen zu begleichen und Mitarbeiter zu entlohnen. Im OECD-Vergleich nimmt Deutschland mit einem Unternehmenssteuersatz von 30 Prozent einen Spitzenplatz ein. Würde diese Abgabe nun in Krisenzeiten gesenkt, wäre das eine Möglichkeit, Engagements für ausländische Investoren attraktiver zu machen und Kapital anzuziehen. Gleichzeitig würde es inländischen Unternehmen erlauben, ihrerseits wieder mehr zu investieren, so Jacob. Eine Untersuchung nach der Finanzkrise 2008 zeigte, dass ein Großteil der Unternehmen nach unterschiedlichen Maßnahmen jeden gesparten Euro unmittelbar wieder in die eigene Firma steckte.  

Steuern, die von Privatpersonen und nicht von Unternehmen direkt bezahlt werden, können dennoch großen Einfluss auf sie haben. Prof. Dr. Martin Jacob nennt in diesem Zusammenhang vor allem die Mehrwert- und die Kapitalertragssteuer. So können beispielsweise Anhebungen der Mehrwertsteuer von Firmen nicht beliebig an Konsumenten weitergegeben werden. Der Grund sind psychologische Schwellen bei Preisen wie 9,99 Euro. Unternehmen verzichten in solchen Fällen eher auf eine Kostenweitergabe, weil sie andernfalls weniger Produkte verkaufen und so ihren Gewinn schmälern würden.

Eine weitere Besteuerung, die Unternehmen belasten kann, obwohl sie nicht direkt von ihnen abgeführt wird, ist die Kapitalertragssteuer, die auf Dividenden anfällt. Hat der Betrieb genügend liquide Mittel zur Verfügung, fällt die Besteuerung der Shareholder zunächst kaum ins Gewicht. Verfügen sie jedoch über wenig liquide Mittel, trägt eine Senkung der Kapitalertragssteuer dazu bei, frisches Kapital von Investoren anzuziehen. Diese zusätzlichen Mittel helfen dem Unternehmen dann, seinerseits wieder zu investieren und seine Mitarbeiter bezahlen zu können.

Direkte Zuwendungen des Staates an Unternehmen sind ein kurzfristiges Mittel, um deren Überlebenschancen zu verbessern und die Finanzmärkte zu beruhigen. Wie die Untersuchungen zeigen, können sich Staaten wie Deutschland auf längere Sicht zusätzlich unterschiedlicher steuerlicher Instrumente bedienen, um die eigenen Unternehmen am Markt zu halten. Dabei sollten jedoch nicht nur die Abgaben im Blick behalten werden, die Unternehmen direkt zahlen müssen.