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24.10.2024

Mit neuer Marke in die Zukunft

Warum Familienunternehmen sich neu erfinden müssen, um langfristig ihr Vermächtnis zu bewahren

Pisitta Vongswasdi / Wong Mei Wai - 24. Oktober 2024

Tipps für Praktiker

Sie leben Werte, Traditionen und sind meist viel mehr als „nur eine Firma“: Familienunternehmen. Sie sind ein wichtiges Standbein der heimischen Wirtschaft  und sichern Generationen Wohlstand, sowohl der Eigentümerfamilie als auch den häufig langjährigen Beschäftigten. Möchte man das Familienerbe aber langfristig schützen, müssen von Zeit zu Zeit neue Wege eingeschlagen werden. Eine aktuelle Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management und der globalen Unternehmensberatung APAC Global Advisory mit Hauptsitz in Singapur zeigt, dass die Umstellung und Erneuerung der eigenen Marke eines Familienunternehmens entscheidend ist, um das Vermächtnis des Unternehmens zu bewahren.

In einer sich schnell ändernden Welt muss sich auch die eigene Marke anpassen

Um disruptiven Veränderungen erfolgreich zu begegnen, muss das Unternehmen agil handeln und sich regelmäßig neu erfinden. Denn die Herausforderungen sind zahlreich: Geopolitische Spannungen können die Beziehungen zu internationalen Geschäftspartnern schlagartig verkomplizieren, der Digitalisierung muss Rechnung getragen werden, Trends wechseln immer schneller und die Anforderungen von Mitarbeitenden haben sich grundlegend geändert. Daher gilt es, neue Märkte, Produkte und Dienstleistungen zu erschließen. Auch der Schritt auf das internationale Parkett ist unerlässlich, um langfristig nicht abgehängt zu werden. Ein solcher Markenwandel ist in Traditionsunternehmen jedoch nicht ohne Risiko und sollte gut vorbereitet sein.      

Woran der Markenwandel scheitern kann

Der Markenwandel umfasst alle Veränderungen der Gesamtwahrnehmung und der bekannten Identität eines Unternehmens in Bezug auf die Produkte, Dienstleistungen und Erfahrungen, die es anbietet und wofür das Unternehmen in Bezug auf den Nutzen für Verbraucher steht. 

Um dies erfolgreich zu erreichen, sollten Familienunternehmen weder nur eine nach innen noch eine nur nach außen gerichtete Perspektive einnehmen. 

In die erste Kategorie fallen beispielsweise die Unternehmenskultur, Überzeugungen, Vorstellungen der Mitarbeitenden aber auch Unterschiede zwischen den Generationen innerhalb des Familienunternehmens. 

Die nach außen gerichtete Perspektive befasst sich dagegen mit den deutlich sichtbaren Phänomenen wie der Marke, Verpackungen, dem Logo oder der Marketingstrategie der Firma. 

Treiben Unternehmen den Markenwandel nur im Inneren oder nur im Äußeren voran, kommen sie ihrem Ziel, der Stärkung der Relevanz des eigenen Angebots, kaum näher. Stattdessen sollten sie einen holistischen Ansatz verfolgen und beide Perspektiven zeitgleich einnehmen.

Fünf Faktoren machen den Wandel der Marke zum Erfolg

Die Analyse multinationaler Familienunternehmen hat gezeigt, dass es fünf Faktoren gibt, die dem Markenwandel zum entscheidenden Durchbruch verhelfen können:

  1. Ein plötzliches einschneidendes Ereignis, wie beispielsweise die kurzfristig notwendige Firmenübergabe an die nächste Generation oder der Untergang eines Industriezweigs. Solche Schocks können als Katalysator dienen, dass der Markenwandel schnell und entschieden angegangen wird.
  2. Der Markenwandel sollte von starken Teams innerhalb der Firma mit praktischer Unterstützung der Führungskräfte angestoßen werden. Nachhaltiger Erfolg kommt zuerst von engagierten Individuen und wird anschließend durch die Abläufe in der Organisation mehr und mehr etabliert.
  3. Ein umfangreicher Markenwandel sollte von unabhängigen Expertinnen und Experten von außerhalb der Organisation begleitet werden. Das gewährleistet einen objektiven Blick auf die Transformation. Externe Experten können Best-Practice-Beispiele anderer Unternehmen einfließen lassen und den Prozess so beschleunigen.
  4. Eine erfolgreiche Änderung der Marke ist auch abhängig von der Integration der erfahrenen Führungskräfte. Werden ihnen neue Aufgaben, begleitet von Umschulungen, zugewiesen, ist häufig eine Verhaltensänderung aufgrund der neuen Verantwortung spürbar. Die geplante Transformation kann so schneller abgeschlossen werden.
  5. Psychologische Barrieren, wie die Abneigung von Mitarbeitenden gegenüber Veränderungen, müssen überwunden werden. In einer Atmosphäre psychologischer Sicherheit sollten die Teams von den neuen Ideen überzeugt werden, damit sie die Transformation mittragen.

Mit einem erfolgreichen Markenwandel kann sichergestellt werden, dass das Familienunternehmen langfristig gut aufgestellt bleibt, und das Vermächtnis der Familie weiterlebt. Weil der Prozess lang und schwierig sein kann, kann er von den Inhabern und der Familie nicht allein gestemmt werden. Charismatische Führungskräfte sind eine wertvolle Unterstützung, um die Mitarbeitenden von den neuen Ideen zu überzeugen, damit sie den Wandel akzeptieren und schließlich unterstützen.

Tipps für Praktiker

  • Nehmen Sie sowohl die nach innen als auch die nach außen gerichtete Perspektive ein. Das hilft, die Umstellung schneller und besser umzusetzen.
  • Betrauen Sie ein engagiertes Team mit dem Markenwandel und binden Sie Führungskräfte auch aus anderen Bereichen ein. Seien Sie sich bewusst, dass der Prozess lange dauern und viel Überzeugungsarbeit erfordern kann.
  • Sorgen Sie für ein Gefühl der Sicherheit in Ihrem Unternehmen. Nehmen Sie den Mitarbeitenden die Angst vor dem Wandel.

Literaturverweis und Methodik

Für die Studie „Building legacy through brand change: Insights from multigenerational family businesses” wurden von den Forscherinnen qualitative Interviews mit vier ausgewählten multinationalen Familienunternehmen geführt. Die Interviews wurden mit Hilfe der Interpretativen Phänomenologischen Analyse (IPA) vollzogen. Ziel war es herauszufinden, wie Familienunternehmen einen Markenwandel bewältigen können, um ihr Vermächtnis zu erhalten.

- Wong, M. W./Vongswasdi, P. (2024): Building legacy through brand change: Insights from multigenerational family businesses. Organizational Dynamics, 101078. 

Autorinnen der Studie

Jun.-Prof. Dr. Pisitta Vongswasdi

Pisitta Vongswasdi ist Juniorprofessorin an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Ihre Forschungs- und Lehrinteressen liegen in den Bereichen Entwicklung von Leadership, Diversitätsmanagement und Achtsamkeit in Unternehmen. Ihre Forschung konzentriert sich darauf, inwiefern empirische Daten dabei helfen können, die Zukunft der Arbeit auf humane und produktive Weise zu verändern.

Wong Mei Wai

Wong Mei Wai ist Gründerin, CEO und Chief Change Advisor von APAC Global Advisory, dem prämierten Change Management Consulting Service im Asien-Pazifik-Raum (APAC). Mei Wai ist eine auf lokal, regional und global operierende Familienunternehmen spezialisierte Führungskraft im Bereich Branding und Change Management. Sie hat einen maßgeschneiderten Ansatz für den Aufbau eines Markenerbes durch ganzheitliches Change Management entwickelt. Sie verfügt über einen einzigartigen Ansatz, der sowohl „outside-in“ als auch „inside-out“ Change Management beinhaltet, um nachhaltiges Wachstum für Markenunternehmen auf der ganzen Welt zu erzielen. 

Mei Wai hat einen BSc (Hon) in Wirtschaftswissenschaften von der University of Bristol, UK, einen MSc in Internationalem Marketing von der University of Strathclyde, Glasgow, einen EMBA von der University of California, AMP und einen Executive Masters in Change von der INSEAD Business School.

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