Warum wir an anstrengenden Arbeitstagen besser keine angenehmen Aufgaben einschieben sollten
Fabiola H. Gerpott - 29. November 2023
Es gibt Aufgaben im Arbeitsalltag, die frustrierend und anstrengend sind. Andere machen Freude und gehen leicht von der Hand. Natürlich möchten wir alle uns tagtäglich am liebsten nur mit angenehmen Aufgaben beschäftigen, und aus psychologischer Sicht wäre das sogar ratsam. Aber im Arbeitsalltag ist das leider nicht durchgängig möglich. Von Zeit zu Zeit gibt es Tage, an denen wir eine Vielzahl von Aufgaben angehen müssen, die uns ein hohes Maß an Selbstkontrolle abverlangen. Wir müssen uns dazu überwinden und sollen dabei auch noch freundlich und professionell wirken. Das strengt an. Ist es da nicht sinnvoll, zwischendurch eine angenehme Aufgabe einzustreuen, die uns keine große Mühe bereitet? Vielleicht können wir uns danach mit frischem Schwung wieder der unliebsamen Aufgabe widmen.
Wechsel zwischen angenehmen und unangenehmen Aufgaben führt zu überproportionaler Erschöpfung
Eine gemeinsame Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management, der Trinity Business School in Dublin und der Schumpeter School of Business and Economics in Wuppertal kommt zu einem anderen Ergebnis. An Tagen mit sehr hoher Arbeitsbelastung macht es keinen Sinn, unangenehme und angenehme Aufgaben abzuwechseln, weil dann der Kontrast zwischen den Aufgaben besonders deutlich wird. Nicht nur die absoluten Arbeitsanforderungen haben einen Effekt auf die Ermüdung bei der Arbeit, sondern auch, wie man diese an einem Tag mit hohen Anforderungen verteilt. Dabei ist es besser, nur einmal den inneren Widerstand zu Beginn einer unangenehmen Aufgabe überwinden zu müssen und dann dabei zu bleiben, statt eine hohe Variabilität bei den Tätigkeiten einzubauen. Denn auch wenn es anstrenged ist, den inneren Widerstand für unliebsame Aufgaben zu überwinden, ist die Erschöpfung am Ende des Tages überproportional höher, wenn ständig zwischen sehr anstrengenden und sehr leichten Aufgaben gewechselt wird.
Große Erschöpfung wirkt sich auch noch auf den nächsten Tag aus
Eine solch überproportionales Level an Erschöpfung hat auch Konsequenzen für den folgenden Tag. Ist ein Arbeitnehmer abends besonders erschöpft, setzt auch die Regenerationsphase auf einem niedrigeren Niveau ein. Er kann seine inneren Ressourcen bis zum folgenden Arbeitstag nicht wieder vollständig aufladen, was sich in seinem Engagement bei der Arbeit zeigt.
Ganz besonders gefährdet, an der beschriebenen Form der Erschöpfung zu leiden, sind Menschen, die dem Burnout nahe sind. Sie leiden chronisch an großer emotionaler Erschöpfung und müssen generell mehr Energie aufbringen, um Selbstkontrolle am Arbeitsplatz ausüben zu können. Für sie ist der Wechsel von unangenehmen und angenehmen Tätigkeiten besonders erschöpfend und sie benötigen intensivere Regenerationsphasen nach einem solchen Arbeitstag, um am nächsten Tag wieder leistungsfähig zu sein.
Tipps für Praktiker
- Organisieren Sie Arbeitsabläufe und -routinen so, dass sie generell weniger Stress verursachen und unangenehme Aufgaben nicht unterbrochen werden müssen.
- Widmen Sie sich an Tagen, an denen Sie mit sehr hohen Anforderungen auf der Arbeit konfrontiert werden, den unangenehmen zuerst. Beginnen Sie also mit der Aufgabe, für die Sie zunächst einen inneren Widerstand überwinden müssen und unterbrechen Sie diese dann nicht mehr. Versuchen Sie nach einer solchen Anstrengung, Ihren nächsten Arbeitstag einfacher zu gestalten.
- Seien Sie sich darüber im Klaren, dass es Ihnen nach stressigen Tagen paradoxerweise schwerer fallen kann, sich zu erholen. Bleiben Sie in Ihrer Freizeit dennoch aktiv und achten Sie auf ausreichend Schlaf. Allein dadurch können Sie Ihre Energie für den nächsten Tag wieder aufladen.
Literaturverweis und Methodik
Die Forschung beruht auf einem sogenannten Tagebuch-Design. 86 Angestellte füllten dazu über zehn Tage hinweg vier Mal täglich kurze Umfragen aus. In diesen gaben sie Auskunft über ihre täglichen arbeits- und erholungsbezogenen Erfahrungen.
-Gerpott F. H./Rivkin, W./Diestel, S. (2023): Keep it steady? Not only average self-control demands matter for employees’ work engagement, but also variability, in: Work & Stress, DOI: 10.1080/02678373.2023.2180784.
Co-Autorin der Studie
Prof. Dr. Fabiola H. Gerpott
Fabiola H. Gerpott ist Expertin für Leadership, Diversitätsmanagement und organisationales Verhalten an der WHU – Otto Beisheim School of Management und Inhaberin des Lehrstuhls für Personalführung. Sie engagiert sich dafür, dass Vielfalt von Führungskräften und Mitarbeitern in Organisationen mehr Wertschätzung erfährt. Ihre Forschung konzentriert sich darauf, inwiefern empirische Daten dabei helfen können, die Zukunft der Arbeit auf humane und produktive Weise zu verändern.