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27.05.2025

Weniger Kosten, mehr Effizienz: Neues datengestütztes Tool für Airlines

Die Wartung von Flugzeugen ist wichtig – und teuer. Ein von WHU und Skailark neu entwickeltes Tool senkt die Kosten für Airlines.

Nils Alt, Jürgen Ringbeck, Stefan Spinler - 27. Mai 2025

Fluggesellschaften operieren in einem hart umkämpften Markt: die Gewinnmarge pro Passagier ist niedrig, die Anfälligkeit gegenüber externen makroökonomischen Faktoren ist hoch und die Fixkosten immens. Daher sind Kostenreduktionen – wo immer möglich – für Airlines ein notwendiger Bestandteil für ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Ein neues Analysemodell, welches von der Luftfahrt-Analyse-Plattform Skailark, gegründet von WHU-Alumnus Christian Soyk, in Kooperation mit der WHU – Otto Beisheim School of Management entwickelt wurde, eröffnet Airlines nun die Chance, diese hohen Kosten drastisch zu reduzieren, und zwar beim sogenannten D-Check.

Sogar der Lack muss ab für den Check

Ein bedeutender Kostentreiber ist die Instandhaltung der Flugzeugflotte. Von der Sichtkontrolle und dem „Walk around“, die standardmäßig vor jedem Start eines Flugzeugs erfolgen, bis hin zu aufwändigen Überprüfungen und Generealüberholungen der gesamten Flugzeugstruktur, die nach mehreren Jahren anstehen, müssen Airlines zahlreiche Instandhaltungsmaßnahmen durchführen, um Auflagen von den zuständigen Luftfahrtbehörden zu erfüllen. 

Teil der Flugzeugwartung sind die so genannten Letter-Checks (A, B, C, D). Der D-Check ist dabei besonders zeit- und kostenaufwendig. Diese Kontrolle wird alle sechs Jahre fällig. Dabei wird die Lackierung entfernt, das Flugzeug bis auf die Grundstruktur freigelegt und Mechaniker prüfen jedes Einzelteil auf Abnutzung. Die Kosten für den D-Check sind abhängig davon, wie alt die Flotte im Durchschnitt ist, welche Flugzeugtypen sie beinhaltet und in welchem Land die Instandhaltung durchgeführt wird. Üblicherweise kostet eine solch aufwendige Überholung Airlines aber mehrere Millionen Euro – pro Flugzeug. C- und D-Checks zusammen genommen sind für etwa 12 Prozent der Gesamtkosten von Airlines verantwortlich. Einsparungen in diesem Bereich können für Airlines also besonders lohnend sein.

Enorme Datensätze ermöglichen Abgleich

Die Experten der WHU haben nun in Zusammenarbeit mit der Firma Skailark das Competitive-Intelligence-Tool (CI-Tool) entwickelt, das vor allem beim D-Check eine wesentlich transparentere Vergleichbarkeit der Airline-Daten ermöglicht. Es greift zurück auf umfangreiche Datensätze von Skailark zu Kosten, Gewinnen, Wartung und den operativen Betrieb von mehr als 300 Airlines. Im Gegensatz zu herkömmlichen Benchmarking-Verfahren ermöglicht Skailarks Digital Twin eine hochaktuelle und klar nachvollziehbare Analyse. Verschiedenste Quellen zu Flugzeugpositionen, Flottendaten und anderen Größen werden kombiniert, um mit Hilfe von analytischen und statistischen Modellen aktuelle Informationen zum Benchmarking verschiedener Airlines wiederzugeben. Fluggesellschaften können diese Datensätze erwerben und ihre eigenen Ausgaben und Vorgehensweisen mit denen der Mitbewerber abgleichen. Dadurch lassen sich enorme Einsparpotenziale identifizieren. 

El Salvador oder USA? 

Mithilfe des CI-Tools wurden beispielsweise die Kosten eines D-Checks des gleichen Flugzeugtyps A320-200 von einer amerikanischen Komplettservice-Fluggesellschaft und einer  günstigen mexikanischen Fluggesellschaft verglichen. Bedeutendster Unterschied bei der Überholung der jeweiligen Flugzeuge war das Land, in dem sie stattfand: Während die amerikanische Airline ihr Flugzeug in den USA warten ließ, hat die mexikanische Airline die Wartung ihres Flugzeugs in einem Offshore-Verfahren nach El Salvador ausgelagert. Das CI-Tool zeigte, dass die Komplettservice-Fluggesellschaft mehr als 33 Prozent ihrer Kosten pro Flugstunde bei der Überholung der Flugzeugzelle eines A320-200 sparen könnte, wenn sie den D-Check ihrer Flugzeuge ebenfalls nach El Salvador verlegen würde – natürlich unter Beachtung der gleichen Sicherheitsstandards. Der Betrag entspricht 6,4 Prozent der Ausgaben pro Flugstunde, die das Flugzeug die Airline insgesamt kostet. Daraus resultiert ein deutliches Einsparpotenziale für Airlines, die ihre Instandhaltung in den USA oder der EU durchführen lassen. 

Zentralamerika und Südostasien sind beliebte Standorte bei einigen Airlines für den D-Check. Da die dortigen Werkstätten für amerikanische und europäische Fluggesellschaften von den jeweiligen Luftfahrtbehörden für die Wartung zertifiziert sein müssen, sind keine Qualitätsunterschiede beim D-Check und anderen Wartungsmaßnahmen zu erwarten.

In einem anderen Szenario wurden mithilfe des CI-Tools die geschätzten Wartungskosten zweier Flugzeugtypen – einer Boeing 747-400 und einer Boeing 787-9 von zwei europäischen Fluggesellschaften – verglichen. Die Analyse zeigte, dass die Boeing 787-9 über 23 Prozent günstiger pro Flugstunde in der Wartung ist als die Boeing 747-400, wenn man die höhere Sitzplatzkapazität letzterer Maschine berücksichtigt. Mit zunehmendem Alter der Maschinen nimmt dieser Kostenvorteil jedoch ab. 

Für zahlreiche Airlines dürfte das CI-Tool verlässliche Kostenschätzungen liefern, die sich auf die Anschaffung von Flugzeugtypen und deren Wartungsort auswirken. Zudem lässt es Rückschlüsse darauf zu, ab wann eine Erneuerung der Flotte Sinn macht, um die Wartungskosten möglichst gering zu halten – für  Airlines in einem hoch kompetitiven Markt ein großer Vorteil.

Literaturverweis

- Alt, N. (2025): Dynamic Aircraft Maintenance Cost Benchmarking: Developing a Competitive Intelligence Tool embedded in Skailark’s Digital Twin of Aviation, Master Thesis. 

Autoren des Artikels

Nils Alt

Nils Alt schloss seinen Master in Finance an der WHU 2025 mit der Masterarbeit „Dynamic Aircraft Maintenance Cost Benchmarking: Developing a Competitive Intelligence Tool embedded in Skailark’s Digital Twin of Aviation“ ab. Nach seinem Studium beginnt er seine Arbeit bei der Unternehmensberatung Bain & Company.

Prof. Dr. Jürgen Ringbeck

Nach seiner Promotion an der Universität Osnabrück war Jürgen Ringbeck als Partner bei McKinsey & Company in Düsseldorf und übernahm dann die weltweite Führungsverantwortung für den Reise- und Logistiksektor bei Booz Allen Hamilton (seit 2008 Booz&Company). Darüber hinaus blickt er auf ein langjähriges Engagement als Strategic Advisor des World Economic Forums und der UN WTO (World Tourism Organization) zurück. Als Gründer und Geschäftsführer der Ricon GmbH ist Jürgen Ringbeck seit 2014 aktiver Investor und Beiratsmitglied innovativer junger Unternehmen. Er ist seit 2014 Honorarprofessor an der WHU und lehrt zu verschiedenen Themen der Unternehmensführung und dem Transportmanagement im Master-Studiengang.

Prof. Dr. Stefan Spinler

Stefan Spinler ist Inhaber des Lehrstuhls für Logistikmanagement an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Seine Forschung konzentriert sich vorwiegend auf die Bereiche Nachhaltigkeit von Lieferketten und deren Risikomanagement. Alle Forschungsaktivitäten werden zusammen mit führenden Logistikdienstleistern und Industrieunternehmen durchgeführt. Professor Spinler war bereits als Gastprofessor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und an der University of Pennsylvania, The Wharton School, tätig.

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