WHU
29.03.2021

Auf welche Zusatzleistungen Familienunternehmen setzen sollten

Je nach Art des Unternehmens sind nicht alle Leistungen für Arbeitnehmer gleich wertvoll

Stephanie Querbach / Matthias Waldkirch / Nadine Kammerlander - 29. März 2021

Tipps für Praktiker

 

 

Zusatzleistungen werden im modernen Berufsleben für Arbeitnehmer immer wichtiger. 79 Prozent aller Angestellten würden mittlerweile passende Leistungen sogar einer Gehaltserhöhung vorziehen. Wie diese aussehen sollen, ist dabei ganz individuell: ein Firmenwagen, Kinderbetreuung am Arbeitsplatz oder Bildungs- und Freizeitangebote sind nur einige der Möglichkeiten. Gerade für den familiengeführtemMittelstand kann das Angebot solcher Leistungen darüber entscheiden, ob sie bei der Rekrutierung besonders qualifizierter Mitarbeiter mit anderen, größeren Arbeitgebern konkurrieren können. Angesichts ihrer begrenzten Ressourcen ist es umso wichtiger, dass Zusatzleistungen so weit wie möglich den Vorstellungen der Mitarbeitenden entsprechen.

Zufriedene Angestellte sind das Kapital für die Zukunft

Ein zufriedener Angestellter kann durch seine besonders hohe Leistungs- und Einsatzbereitschaft gerade in einem mittelständischen Unternehmen einen deutlichen Unterschied machen. Wie die bisherige Forschung zeigt, beruht Engagement auf Gegenseitigkeit. Tritt die Firma mit Zusatzleistungen in Vorleistung, ist es wahrscheinlich, dass die Mitarbeitenden größeren Einsatz zeigen werden. Wird Angestellten beispielsweise zusätzliche Gesundheitsversorgung oder mehr Freiheit bei der Gestaltung der Arbeitszeiten eingeräumt, so werden diese sich umgekehrt stärker bei Projekten engagieren oder im Fall von Überstunden nicht so genau auf die Uhr schauen. Leistungen des Arbeitgebers lassen sich zunächst in drei Bereiche unterteilen: Persönliche Versorgung, Status und Lebensqualität. Da Zusatzleistungen immer mehr an Bedeutung gewinnen und umfassende Lohnerhöhungen gerade in Familienunternehmen oft kaum realisierbar sind, soll deren Wirkung nicht in Abrede gestellt, jedoch hier wie auch in der diesem Beitrag zugrundeliegenden Studie „Benefitting from Benefits – A Comparison of Employee Satisfaction in Family and Non-Family Firms“ nur im Kontext betrachtet werden.

1. Persönliche Versorgung

Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Versorgungsleistungen anbieten, die deren Wohlbefinden nicht nur als Mitarbeiter, sondern auch als Person steigern. Zum Versorgungsaspekt zählen beispielsweise die Bereitstellung einer Cafeteria oder Kantine durch den Arbeitgeber, freie Parkplätze, eine betriebliche Zusatzrente oder medizinische Vorsorge.

2. Status

Leistungen, die den Status der Mitarbeitenden erhöhen, haben vor allem einen psychologischen Effekt. Zusätzliche Privilegien führen dazu, dass sich Arbeitnehmer als wichtiger Bestandteil des Unternehmens wertgeschätzt fühlen. Dazu zählen flexible Arbeitszeiten und Homeoffice-Regelungen als Zeichen des Vertrauens des Arbeitgebers, Weiterbildungsangebote sowie die Nutzung eines Dienstwagens oder eines Diensthandys.   

3. Lebensqualität

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Vereinfachung des Arbeitslebens spielen heute eine wichtigere Rolle denn je. Für viele Arbeitnehmer sind solche Angebote entscheidend bei der Wahl des Jobs. Zu ihnen zählen Kinderbetreuung am Arbeitsplatz, Kostenübernahme für Kita-Plätze, barrierefreie Zugänge, Mitarbeiter-Events oder Aktienprogramme. Entsprechend setzen Arbeitgeber Leistungen, die diese Ansprüche erfüllen, gezielt bei der Mitarbeiterrekrutierung ein.

Die Art des Unternehmens ist für die Wahl der Zusatzleistungen entscheidend

Welche Zusatzleistung vom Arbeitnehmer als wertvoll wahrgenommen wird, hängt nicht nur von individuellen Faktoren und den Lebensumständen des jeweiligen Mitarbeitenden ab. Geschlecht, Alter und Herkunft können zwar die Präferenzen bestimmen, jedoch auch die Art des Unternehmens ist ausschlaggebend. Denn obwohl Angestellte Zusatzleistungen generell als positiv und motivierend wahrnehmen und damit ihre Zufriedenheit gesteigert wird, empfinden Mitarbeitende in Familienunternehmen oftmals andere Leistungen als deutlich wertvoller als Mitarbeitende in nicht-familiengeführten Unternehmen.

So werden in Familienunternehmen vor allem Leistungen der persönlichen Versorgung besonders geschätzt. Familiengeführte Betriebe sind durch den oft engen Kontakt zwischen Mitarbeitenden und Eigentümerfamilie sozio-emotional geprägt. Es bestehen persönliche Kontakte. Daher wird der physischen Gesundheit und dem Wohlergehen der Angestellten allgemein ein hoher Stellenwert eingeräumt. Zusatzleistungen, die ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen begünstigen, wissen Angestellte in Familienunternehmen daher besonders zu würdigen. Sie sorgen dort für maßgeblich mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz.

Darüber hinaus hat die Studie gezeigt, dass auch der Status in Familienunternehmen für die Angestellten, die nicht der Familie angehören, einen hohen Stellenwert hat. Eine Begründung dafür ist, dass die Karrierechancen und -wege in familiengeführten Unternehmen weniger stark formalisiert sind. Für Mitarbeitende ergibt sich jedoch die Chance, über Statussymbole einen informellen Karrierepfad zu beschreiten und der Eigentümerfamilie und dem „engeren Kreis“ näher zu kommen. So schafft die Erlangung einer Führungsposition in Familienunternehmen nicht nur materielle Anreize, sondern ist auch Beweis dafür, den Familienmitgliedern im Unternehmen fast gleichgestellt zu sein und Vertrauen zu genießen.  

Leistungen zur Verbesserung der Lebensqualität eignen sich hingegen eher für nicht-familiengeführte Mittelständler als Anreize. Sie sind häufig mit indirekten finanziellen Vorteilen verbunden. Sie erzielen in Familienunternehmen weniger deutliche Effekte, weil diese stärker von sozialer Interaktion geprägt sind und eine bessere persönliche Versorgung sowie ein gehobener Status dort bei den Mitarbeitenden auf größere Resonanz stoßen. Zudem ist es durch die häufig knappen Ressourcen für familiengeführte Unternehmen schwerer zu leisten, finanzielle Anreize zu setzen.  

Wie sollen Familienunternehmen ihre Ressourcen einsetzen?  

Familienunternehmen müssen bei der Mitarbeiterrekrutierung und beim Erhalt von Fachkräften in der Firma oftmals mit begrenzten Ressourcen haushalten. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass sie sich deshalb auf Zusatzleistungen der Bereiche persönliche Versorgung und Status und die dazu genannten Beispiele konzentrieren sollten. Privilegien, die den Status eines Mitarbeiters betreffen, können auch ideeller Natur und damit sogar kostenneutral für das Unternehmen sein. In jedem Fall sollten familiengeführte Betriebe ihre eigene Strategie bei der Gewährung von Zusatzleistungen entwickeln. Das Kopieren der Strategie eines anderen Unternehmens kann zu einem großen Streuverlust bei der Mitarbeiterzufriedenheit führen.

Tipps für Praktiker

  • Setzen Sie Ihre Ressourcen gezielt ein und gehen Sie nicht mit der Gießkanne vor! So können Sie mit begrenzten Mitteln einen großen Effekt erzielen.
  • Kopieren Sie nicht einfach die Zusatzleistungen anderer Unternehmen! Diese könnten in Ihrem (familiengeführten) Unternehmen weitaus weniger Wirkung entfalten und dadurch Ressourcen vergeuden, die Sie an anderer Stelle wesentlich nachhaltiger investieren könnten.
  • Versuchen Sie herauszufinden, an welchen Zusatzleistungen Ihre Mitarbeiter besonderes Interesse haben. Dabei gibt es zwischen familiengeführten und nicht-familiengeführten Unternehmen große Unterschiede.
  • Konzentrieren Sie sich als Familienunternehmer stärker auf Zusatzleistungen, die den Status Ihrer Mitarbeiter heben oder einer besseren persönlichen Versorgung dienen.

Literaturverweise und Methodik

Um herauszufinden, welche Zusatzleistungen für Arbeitnehmer in familiengeführten, bzw. nicht-familiengeführten mittelständischen Unternehmen besonders wertvoll sind, haben Dr. Stephanie Querbach und Prof. Dr. Nadine Kammerlander von der WHU – Otto Beisheim School of Management zusammen mit Prof. Dr. Matthias Waldkirch von der EBS Business School Datensätze eines Onlineportals für Mitarbeiterzufriedenheit ausgewertet. Betrachtet wurden dabei 2.180 deutsche Unternehmen, die von ihren Mitarbeitern auf der Plattform „Kununu“ im Hinblick auf die unterschiedlichen gewährten Zusatzleistungen bewertet wurden. In der Studie „Benefitting from Benefits – A Comparison of Employee Satisfaction in Family and Non-Family Firms“ stellen die Forscher heraus, welchen Einfluss die Art des Unternehmens und die jeweils gewährten Zusatzleistungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben.

Co-Autoren

Dr. Stephanie Querbach

Dr. Stephanie Querbach ist angegliederte Forscherin des Instituts für Familienunternehmen und Mittelstand der WHU – Otto Beisheim School of Management. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen rund um die Themen nachhaltiges Unternehmertum, Innovation, Nachfolge und Mitarbeiterzufriedenheit in Familienunternehmen.

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Prof. Dr. Matthias Waldkirch

Prof. Dr. Matthias Waldkirch ist Assistenzprofessor für Innovation und Entrepreneurship in Familienunternehmen an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Professionalisierung von Familienunternehmen, Corporate Entrepreneurship, sowie „New Work“. Prof. Waldkirch war unter anderem als Gastforscher an der Stanford University und der University of British Columbia und arbeitet durch verschiedene Forschungsprojekte und Kollaborationen eng mit deutschen Familienunternehmen zusammen.

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Prof. Dr. Nadine Kammerlander

Nadine Kammerlander ist Inhaberin des Lehrstuhls für Familienunternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Ihr Forschungsinteresse gilt den Themen Innovation, Mitarbeiter und Governance in Familienunternehmen und Family Offices. Ihre wissenschaftlichen Beiträge werden regelmäßig in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht und mit renommierten Forschungspreisen ausgezeichnet.

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