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20.04.2022

Mehr Enthusiasmus durch Anstellung im Familienunternehmen

Wieso CEOs aus der Inhaberfamilie für positive Emotionen und geringere Mitarbeiterfluktuation sorgen

Nadine Kammerlander - 20. April 2022

Tipps für Praktiker

Enthusiasmus und Begeisterung sind Emotionen, die sich sicher jeder Arbeitgeber und jede Arbeitgeberin von den Angestellten wünscht. Sie sind jedoch nicht immer leicht hervorzurufen. Eine neue Studie zeigt, dass CEOs, die aus der Inhaberfamilie der Firma stammen, ihren eigenen Enthusiasmus und Tatendrang leichter auf die Angestellten übertragen und diese damit sogar regelrecht anstecken können – und das trotz vermeintlicher Nachteile, mit denen Mitarbeitende in Familienunternehmen konfrontiert sind. Das unterscheidet sie häufig von CEOs, die keine Familienbande in ihren jeweiligen Unternehmen haben.

Mit welchen Schwierigkeiten Angestellte in Familienunternehmen zu kämpfen haben

Eines der Hauptprobleme von Angestellten in Familienunternehmen ist, dass sie im Vergleich zu Mitarbeitenden in anderen Unternehmen im Durchschnitt schlechter bezahlt werden. Auch wenn es um Fortbildungen geht, sind Familienunternehmen oft knausriger und bieten seltener und zurückhaltender Möglichkeiten. Zudem sind die Aufstiegschancen von Angestellten schlechter, weil Führungspositionen häufig mit Mitgliedern der Inhaberfamilie besetzt werden. Ein weiteres Manko ist die Verfolgung familiärer, nichtfinanzieller Ziele in Familienunternehmen, die nicht unbedingt im Einklang mit den Firmenzielen stehen.

Auch wenn Rahmenbedingungen antiquiert und wenig konkurrenzfähig wirken, spiegeln sie oft die Wirklichkeit von Mitarbeitenden in Familienunternehmen wider. Daher scheint es zunächst verwunderlich, dass CEOs aus Inhaberfamilien regelmäßig deutlich bessere Bewertungen von ihren Angestellten erhalten als externe CEOs und dass Familienunternehmen weiterhin in der Lage sind, qualifiziertes Personal zu finden und dieses auch lange an den Betrieb zu binden.

…und von welchen Vorzügen sie profitieren

Angestellte in Familienunternehmen scheinen also nicht ausschließlich Wert auf Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten zu legen. Auch ihr Wohlbefinden und ihre Zufriedenheit bei der Arbeit sind maßgebliche Faktoren. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass diese vom Auftreten des CEOs beeinflusst werden und ob dieser der Inhaberfamilie angehört oder nicht. Ist der CEO Mitglied der Inhaberfamilie, gelingt es ihm deutlich leichter, seine Begeisterung und seinen Enthusiasmus für das eigene Unternehmen auf die Mitarbeitenden zu übertragen, sie damit sogar anzustecken. Die Interaktion in Familienunternehmen ist wesentlich stärker emotional geprägt als in anderen Unternehmen. Der CEO kennt die Belegschaft bis zu einer gewissen Betriebsgröße häufig persönlich und ein Austausch findet weniger formalisiert statt. In Ansprachen oder dem persönlichen Austausch in Gesprächen, Meetings oder Arbeitsgruppen wird die Firmenspitze für die Angestellten erlebbar und Leidenschaft und Begeisterung werden übertragen. Dies kann sogar dazu führen, dass Mitarbeitende positive Gefühle auf andere Mitarbeitende übertragen, die keinen unmittelbaren Kontakt zum CEO hatten.

CEOs der Inhaberfamilie sind einerseits Familienmitglied und andererseits Firmenchef. Sie neigen dazu, positive Gefühle im Arbeitsalltag häufiger und offener zu kommunizieren. Der hohe Grad der Identifikation mit dem eigenen Unternehmen überträgt sich dadurch auch auf die Angestellten. Umgekehrt halten sie negative Emotionen eher zurück und äußern sie seltener als externe CEOs öffentlich. Die so entstehende gute Grundstimmung beeinflusst die Atmosphäre im gesamten Unternehmen, und positive Emotionen können sich unter den Angestellten noch verstärken.

Familien-CEOs suchen zudem häufiger als andere CEOs den direkten Kontakt zu ihren Mitarbeitenden, was oftmals zu stabilen, langanhaltenden Beziehungen führt. Dies hat zur Folge, dass Beschäftigte sich seltener nach einem anderen Arbeitgeber umsehen und die Personalfluktuation in Familienunternehmen gering ist. Angestellten fällt es leichter, sich mit einem CEO aus der Inhaberfamilie zu identifizieren, wodurch sich dessen Emotionen leichter auf sie übertragen. Aus diesen Gründen verspüren Mitarbeitende in Unternehmen mit einem CEO aus der Inhaberfamilie deutlich häufiger positive Emotionen bei ihrer Arbeit als Beschäftigte in anderweitig geführten Unternehmen.

Wie Größe und Struktur des Unternehmens die Emotionalität beeinflussen

Positive Emotionen entstehen bei den Angestellten also insbesondere durch die Nahbarkeit des CEOs und dessen Begeisterung für das eigene Unternehmen. Je nach Größe, Zentralisierungs- und Formalisierungsgrad des Unternehmens kann diese Emotionalität allerdings variieren und die Mitarbeitenden besser oder schlechter durchdringen.

Die Größe eines Unternehmens ist ein entscheidender Faktor für die Übertragung einer positiven Grundstimmung, da sie von sozialer Interaktion abhängt. Je größer und anonymer das Unternehmen, desto seltener und weniger intensiv sind die Interaktionen und Begegnungen zwischen dem CEO der Inhaberfamilie und seinen Mitarbeitenden. Positive Emotionen können in kleineren Unternehmen also leichter vom CEO auf die Angestellten übertragen werden und sich besser unter den Angestellten ausbreiten.

Des Weiteren hilft eine starke Zentralisierung von Familienunternehmen dabei, die positiven Emotionen auf die Mitarbeitenden zu übertragen. Durch die vorwiegend vertikale und weniger horizontale Kommunikation in einem zentralisierten Unternehmen bieten sich dem CEO zahlreiche Möglichkeiten, seine Emotionen zu den Angestellten zu transportieren. Er wird in dieser Hierarchie als Führungsfigur wahrgenommen und kann umfänglich positive Emotionen verbreiten.

Schließlich führt ein hoher Grad an Formalisierung in einem Unternehmen zu einer abnehmenden Verbreitung von Emotionalität. Formalisierung dient der Eindeutigkeit und Verlässlichkeit von Regeln und Abläufen und steht somit im Widerspruch zur Impulsivität von Emotionen. Stark formalisierte Unternehmen, in denen auch die Kommunikation reguliert und selten spontan ist, bieten wenig Raum für ungeplanten Austausch und damit auch für die Übertragung positiver Emotionen vom Familien-CEO auf seine Mitarbeitenden. Gelingt es dem CEO aber, den Angestellten in der jeweiligen Unternehmensstruktur ein gutes Gefühl zu vermitteln und seine positive Energie zu übertragen, führt dies zu einer deutlich sinkenden Personalfluktuation und wird zum Trumpf in der Hand von Familienunternehmen.

Tipps für Praktiker

  • Überlegen Sie bei der Regelung der Unternehmensnachfolge gut, ob der zukünftige CEO aus der Inhaberfamilie stammen oder extern angeworben werden soll. Berücksichtigen Sie, dass ein Familien-CEO unter den Mitarbeitenden voraussichtlich eine positivere Grundstimmung erzeugen und deren Fluktuation geringhalten kann.
  • Wenn Sie als CEO der Inhaberfamilie angehören und das Unternehmen sehr groß ist und stark formalisiert arbeitet, denken Sie über Wege nach, den familiären Geist und die positive Energie zu all ihren Mitarbeitenden zu transportieren, um von den daraus resultierenden Vorteilen profitieren zu können. Der CEO sollte für die Angestellten sichtbar und nahbar sein.
  • Nutzen Sie die Vorteile eines Familienunternehmens für die Mitarbeiterrekrutierung. Werben Sie gezielt mit positiven Emotionen und Wertschätzung, um möglicherweise vorhandene Nachteile gegenüber nichtfamiliengeführten Unternehmen zu kompensieren.
  • Halten Sie als CEO oder Manager in einem nichtfamiliengeführten Unternehmen Ausschau nach kreativen Möglichkeiten, um ebenfalls ein „Familiensystem“ in ihren Arbeitsalltag einzuführen. Dadurch können Sie bei Ihren Angestellten positive Emotionen und Begeisterung wecken.

Literaturverweise und Methodik

Für die Studie „How family CEOs affect employees’ feelings and behaviors: A study on positive emotions” wurden Datensätze von 41.200 Angestellten und 2.246 CEOs aus 497 Firmen mit oder ohne CEO aus der Inhaberfamilie erhoben. Die Daten wurden daraufhin untersucht, ob CEOs aus der jeweiligen Inhaberfamilie besser dazu in der Lage sind als andere CEOs, positive Emotionen bei ihren Mitarbeitenden zu wecken oder auf sie zu übertragen.

- Kammerlander, N./Menges, J./Herhausen, D./Kipfelsberger, P./Bruch, H. (2022): How family CEOs affect employees’ feelings and behaviors: A study on positive emotions. Long Range Planning, erscheint in Kürze. https://doi.org/10.1016/j.lrp.2022.102209

Autorin

Prof. Dr. Nadine Kammerlander

Nadine Kammerlander ist Inhaberin des Lehrstuhls für Familienunternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Ihr Forschungsinteresse gilt den Themen Innovation, Mitarbeiter und Governance in Familienunternehmen und Family Offices. Ihre wissenschaftlichen Beiträge werden regelmäßig in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht und mit renommierten Forschungspreisen ausgezeichnet.

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