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Ethics: In Praxi-Seminar "Business Leadership and Civic Spirit"

Diese besondere Seminarveranstaltung soll durch zwei herausragende Dozenten betreut werden, die mit den Studierenden aus unterschiedlichen Blickwinkeln das Oberthema "Unternehmensführung und Gemeinsinn" erarbeiten. Die Dozenten werden die Kombinationen Unternehmenspersönlichkeit und Wissenschaftler verkörpern, um sowohl theoretische als auch praktische Erfahrungen in dieses Seminar zu bringen. So ist es beabsichtigt, unternehmens-sozialethische Aspekte aus einem praktischen Blickwinkel zu beleuchten und durch politikwissenschaftliche Analysen des Phänomens "Gemeinsinn" zu ergänzen. "Gemeinsinn" ist ein krisenfester politischer Leit- und Kampfbegriff. Das bedeutet, daß er einerseits durch alle Zeiten und unterschiedlichen Kulturen hindurch als normativer Leitbegriff wirkt und andererseits als rhetorischer Kampfbegriff instrumentalisiert wird. Beide Dimensionen sind nicht voneinander zu trennen: Weder wird die Normativität des Begriffs durch rhetorische Verwendungen entwertet, noch sind instrumentelle Moralkommunikationen einfach als Mißbrauch zu ignorieren, denn gerade sie zeigen die Lebendigkeit und Bedeutung politisch-sozialer Begriffe. Der erste Tag der Veranstaltung beginnt mit Dozentenvortrag, also im Vorlesungsstil, der indes durch Fragen unterbrochen werden kann und in einen abschließenden Frage- und Diskussionsteil mündet. Dabei wird die Ideengeschichte des Begriffs in seinen jeweiligen politischen und politiktheoretischen Kontexten rekapituliert, wobei sich enge Zusammenhänge zu Begriffen wie Gemeinwohl, Solidarität, Tugend, Interesse und Wohlfahrt zeigen. Denn beispielsweise zum Gemeinwohl steht der Gemeinsinn in einem zirkulären Verhältnis, insofern die Gemeinwohlnorm angibt, wieviel Gemeinsinn erforderlich sein soll, es jedoch eines vorgängigen Mindestmaßes an Gemeinsinn bedarf, damit sich überhaupt nennenswertes Interesse am Gemeinwohl regt. Mit dem alteuropäischen Ideal politischer Tugend ist der Gemeinsinn ideenhistorisch engstens verbunden, und es macht seinen einschneidendsten konzeptionellen Wandel aus, daß der Gemeinsinn im modernen Liberalismus, paradigmatisch bei Adam Smith, auf das sozial- und politiktheoretische Interesse des rationalen Eigeninteresses umgestellt wurde. Dem wiederum verdankt die moderne sozialethische Kategorie der Solidarität ihre semantische Karriere, mit der die Wohlfahrt(sstaatlichkeit) untrennbar verbunden ist. Am zweiten Tag der Veranstaltung wird anhand von Teilnehmer(innen)-Referaten ausgeführt und diskutiert, welche Verwendungsweisen der Gemeinsinn-Begriff im Kontext von Politik und Unternehmensführung spielt beziehungsweise spielen kann.
Kurs ID
GEN414, GEN307
Art des Kurses
BSc Kurs
Wochenstunden
2,0
ECTS
3.0
Semester
FS 2024
Vortragssprache
Deutsch
Vortragende/r
Prof. Dr. Karsten Fischer, Dr. Thomas Rusche
Bitte beachten Sie, dass AustauschstudentInnen im BSc-Programm der WHU eine höhere Anzahl an Credits erwerben als hier aufgeführt. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte direkt an das [International Relations Office].
Teil 1: Gemeinsinn und Gemeinwohl aus politikwissenschaftlicher Sicht

Diese besondere Seminarveranstaltung soll durch zwei herausragende Dozenten betreut werden, die mit den Studierenden aus unterschiedlichen Blickwinkeln das Oberthema "Unternehmensführung und Gemeinsinn" erarbeiten. Die Dozenten werden die Kombinationen Unternehmenspersönlichkeit und Wissenschaftler verkörpern, um sowohl theoretische als auch praktische Erfahrungen in dieses Seminar zu bringen. So ist es beabsichtigt, unternehmens-sozialethische Aspekte aus einem praktischen Blickwinkel zu beleuchten und durch politikwissenschaftliche Analysen des Phänomens "Gemeinsinn" zu ergänzen.
"Gemeinsinn" ist ein krisenfester politischer Leit- und Kampfbegriff. Das bedeutet, daß er einerseits durch alle Zeiten und unterschiedlichen Kulturen hindurch als normativer Leitbegriff wirkt und andererseits als rhetorischer Kampfbegriff instrumentalisiert wird. Beide Dimensionen sind nicht voneinander zu trennen: Weder wird die Normativität des Begriffs durch rhetorische Verwendungen entwertet, noch sind instrumentelle Moralkommunikationen einfach als Mißbrauch zu ignorieren, denn gerade sie zeigen die Lebendigkeit und Bedeutung politisch-sozialer Begriffe.
Der erste Tag der Veranstaltung beginnt mit Dozentenvortrag, also im Vorlesungsstil, der indes durch Fragen unterbrochen werden kann und in einen abschließenden Frage- und Diskussionsteil mündet.
Dabei wird die Ideengeschichte des Begriffs in seinen jeweiligen politischen und politiktheoretischen Kontexten rekapituliert, wobei sich enge Zusammenhänge zu Begriffen wie Gemeinwohl, Solidarität, Tugend, Interesse und Wohlfahrt zeigen. Denn beispielsweise zum Gemeinwohl steht der Gemeinsinn in einem zirkulären Verhältnis, insofern die Gemeinwohlnorm angibt, wieviel Gemeinsinn erforderlich sein soll, es jedoch eines vorgängigen Mindestmaßes an Gemeinsinn bedarf, damit sich überhaupt nennenswertes Interesse am Gemeinwohl regt.
Mit dem alteuropäischen Ideal politischer Tugend ist der Gemeinsinn ideenhistorisch engstens verbunden, und es macht seinen einschneidendsten konzeptionellen Wandel aus, daß der Gemeinsinn im modernen Liberalismus, paradigmatisch bei Adam Smith, auf das sozial- und politiktheoretische Interesse des rationalen Eigeninteresses umgestellt wurde. Dem wiederum verdankt die moderne sozialethische Kategorie der Solidarität ihre semantische Karriere, mit der die Wohlfahrt(sstaatlichkeit) untrennbar verbunden ist.
Am zweiten Tag der Veranstaltung wird anhand von Teilnehmer(innen)-Referaten ausgeführt und diskutiert, welche Verwendungsweisen der Gemeinsinn-Begriff im Kontext von Politik und Unternehmensführung spielt beziehungsweise spielen kann.

Teil 2: Unternehmensführung aus unternehmensethischer Sicht

Das Seminarprogramm lädt dazu ein, über die Begründung, Motivation und Praxis der Unternehmensethik in der Unternehmensführung nachzudenken.

In der kapitalistischen Unternehmung ist die Zweckrationalität vorbildlich institutionalisiert worden: Mittels optimaler Ressourcenallokation und Güterdistribution vollzieht sich in der Unternehmung die Wertschöpfung als Ausdruck marktwirtschaftlicher Koordinationsleistung.

In welchem Verhältnis stehen die Anforderungen des gewinnorientierten Wettbewerbs zu unternehmensethischen Prinzipien und Handlungsnormen? Wie können ethische Aspekte in der Unternehmensführung angesichts der systemnotwendigen Erfolgsorientierung Berücksichtigung finden?

Unternehmensethik kann als prinzipienorientierte normative Analyse, Kritik und Begründung der Unternehmenskultur (Wertvorstellung, Denkhaltung) definiert werden, die das strategische, (operative) Handeln reguliert, um den Unternehmenserfolg auf moralisch verantwortbare Weise zu erzielen.

Diese Definition der Unternehmensethik wird im Seminar schrittweise erarbeitet und bildet die begriffliche Voraussetzung für die Konzeption einer prinzipienorientierten kommunikativen Unternehmensethik, deren theoretische Architektur und praktische Tauglichkeit für die Unternehmensführung untersucht werden soll.

Zu Beginn des jeweiligen Seminarteils führt der Dozent in die Fragestellung ein, vermittelt inhaltliche Grundkenntnisse und formuliert unternehmensethische Thesen. In der sich anschließenden Diskussion beteiligen sich nach Möglichkeit alle TeilnehmerInnen, um gemeinsam Informationen und Fakten zu sammeln sowie Argumente und Stellungnahmen zu formulieren: In der argumentativen Auseinandersetzung sollen aus der unternehmensethischen Theoriediskussion Rückschlüsse für eine ethisch reflektierte betriebliche Praxis gezogen werden.




Date Time
Thursday, 01.02.2024 13:45 - 18:45
Friday, 02.02.2024 08:00 - 13:00
Monday, 05.02.2024 13:45 - 18:45
Tuesday, 06.02.2024 08:00 - 13:00
Hermeneutik, Empirie
[1] Gemeinwohl und Gemeinsinn, hg.v. Herfried Münkler, Harald Bluhm und Karsten Fischer, 4 Bde., Berlin 2001/2002 [2] Gemeinwohl - Auf der Suche nach Substanz. WZB-Jahrbuch 2002, hg.v. Gunnar Folke Schuppert / Friedhelm Neidhardt, Berlin 2002 [3] Universitas. Orientierung in der Wissenswelt, 57. Jg., September 2002, Nr. 675, darin Dokumentation der von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Eberhard von Kuenheim Stiftung 2002 durchgeführten Konsultation "Gemeinsinn unternehmen" mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kirchen, Bildungseinrichtungen, Medien und Interessengruppen [4] Karsten Fischer: Moralkommunikation der Macht. Politische Konstruktion sozialer Kohäsion im Wohlfahrtsstaat, Wiesbaden 2006 [5] Thomas Rusche: Philosophische versus ökonomische Imperative einer Unternehmensethik, EWD Bd. 2, 3. Aufl., Münster, Hamburg 1993 [6] Thomas Rusche:Verantwortungsvernünftige Unternehmensethik. Von der diskurspragmatischen Konzeption zur aktionsreflexiven Anwendung (unveröffentlichtes Skript) Weiterführende Literatur: Je nach Hausarbeitsthema von den Studierenden auszuwählen
Seminar, Vorlesung mit Diskussion, Präsentationen
  • Mündliche Mitarbeit in den Diskussionsrunden
  • 10 seitige schriftliche Ausarbeitung einer unternehmensethischen Fallstudie (Hausarbeit); bei Gemeinschaftsarbeiten erhöht sich die Seitenzahl entsprechend, d. h. mind. 7 Seiten pro Person
  • Die Arbeiten für Prof. Fischer sollen an die E-Mailadressekarsten.fischer@gsi.uni-muenchen.degesendet werden.
  • Die Arbeiten für Dr. Rusche an:rusche.th@gmail.com

Abgabetermin: 04.04.2023, 23:59 Uhr

Lektürebereitschaft, Fähigkeit zur Literaturrecherche, Mitarbeit
90
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